LG tritt dem AG entgegen

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und auch begründet. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung für die Antragstellerin gemäß § 727 Abs. 1 Alt. ZPO aufgrund bei dem Gericht offenkundiger Rechtsnachfolge der Antragstellerin liegen vor.

Was gerichtsbekannt ist, ist zugleich offenkundig

Offenkundig sind solche Tatsachen, die aus der Sicht des Gerichts entweder zu den sogenannten allgemeinkundigen Tatsachen oder zu den sogenannten gerichtskundigen Tatsachen gehören (Bacher, in: BeckOK, 31. Ed., Stand 1.12.2018, § 291 Rn 6; Huber, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 291 Rn 2; Prütting, in: MüKo-ZPO, 5. Aufl. 2016, § 291 Rn 4). Auf die Offenkundigkeit im Sinne des § 291 ZPO – und damit die Gerichtskundigkeit als Unterfall der Offenkundigkeit – wird nach allgemeiner Ansicht auch in § 727 Abs. 1 und Abs. 2 abgestellt (Prütting, in: MüKo-ZPO, 5. Aufl. 2016, § 291 Rn 11; Saenger, ZPO, 7. Aufl. 2017, § 291 Rn 1; Stöber, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 727 Rn 20). Es ist weder dem Wortlaut noch dem Zweckgehalt von § 727 ZPO zu entnehmen, dass die Voraussetzungen hinsichtlich der Offenkundigkeit von denen des § 291 ZPO zu unterscheiden wären. Beide Vorschriften stellen auf Tatsachen (§ 291 ZPO) bzw. die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältnis (§ 727 Abs. 1 ZPO) ab, die "bei dem Gericht offenkundig" sind.

Generalakte als Ausweis der Gerichtskenntnis

Es ist unstreitig, dass die Tatsache der Rechtsnachfolge der Antragstellerin gerichtskundig ist, dem Gericht also durch Anlage einer Generalakte und Befassung mit den vorgelegten Globalzessionsurkunden in amtlichem Zusammenhang zur Kenntnis gelangt sind.

Dass die Rechtsnachfolge zugleich dem Schuldner bekannt ist, ist nicht Voraussetzung für die Offenkundigkeit und folgt auch nicht aus dem allgemeinen Zweckgehalt von § 750 Abs. 2 ZPO. Die Vorschrift stellt explizit nur in dem Fall auf das Erfordernis ab, dem Schuldner auch die Abschrift der öffentlichen bzw. öffentlich beglaubigten Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zuzustellen, in dem die Vollstreckungsklausel aufgrund dieser Urkunden erteilt worden ist. Im Falle der Offenkundigkeit gemäß § 727 Abs. 1 ZPO ist dies gerade nicht der Fall.

Kein wirklicher Nachteil beim Schuldner

Zwar trifft es zu, dass eine Beteiligung des Schuldners in dem Klauselerteilungsverfahren nicht zwingend ist und es daher zu der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung kommen kann, die der Schuldner im Rahmen der Zwangsvollstreckung nicht unmittelbar anhand der ihm vorliegenden Unterlagen nachvollziehen kann. Hierbei ist die Antragsgegnerin im konkreten Einzelfall jedoch nicht schutzlos. Vielmehr steht ihr gemäß § 299 Abs. 2 ZPO das Recht zu, Einsicht in die Generalakte zu erhalten, da sie als Drittbeteiligte ein berechtigtes Recht auf Akteneinsicht hat. Dieses Recht ist auch durch die Vorschrift des § 727 Abs. 2 ZPO abgesichert, da die Offenkundigkeit der Rechtsnachfolge in der Klausel zu vermerken ist. Hierzu gehört auch die Angabe der Umstände, aufgrund derer das Gericht vom Nachweis einer Rechtsnachfolge ausgegangen ist, insbesondere also die konkrete Bezeichnung der Generalakte (vgl. Ulrici, in: BeckOK, 31. Ed., Stand 1.12.2018, § 727 Rn 30).

Keine grundsätzliche Bedeutung

Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nicht vorliegen, die Rechtssache insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung hat. In Ermangelung einer Beteiligung der Antragsgegnerin bereits im Klauselverfahren sowie in Ermangelung einer Rechtsbeschwer der Antragstellerin dürfte ein Rechtsbeschwerdeverfahren zudem nicht angängig sein.

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