Leitsatz

Besteht keine Identität zwischen dem ursprünglichen Gläubiger eines Titels und dem Vollstreckungsgläubiger, müssen etwaige Forderungsübergänge nachvollziehbar und überprüfbar sein ("Quelle").

LG Hannover, Beschl. v. 16.5.2019 – 55 T 40/19

1 I. Die Entscheidung

LG sieht Vollstreckungsvoraussetzungen als nicht gegeben an

Die Beschwerde der Gläubigerin ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Gerichtsvollzieher hat die Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid des AG Nürnberg zu Recht zurückgewiesen. Die Vollstreckungsvoraussetzungen sind nicht gegeben.

Identität zwischen Antragsteller und Gläubigerin unklar

Insofern bemerkt die Kammer, dass bereits unklar ist, ob die im Vollstreckungsbescheid des AG Nürnberg vom 19.2.1997 bezeichnete Gläubigerin identisch mit der Antragstellerin des Vollstreckungsauftrags vom 19.11.2018 ist. Während die Fa. Quelle Schickedanz AG amp Co. mit Sitz in der N.-Str. 91 in F. ausweislich des Titels Inhaberin der Forderung ist, wurde der Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher hingegen durch die Fa. Quelle GmbH mit Sitz in der L2-Str. 20 [sic!] in F. – vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigte – erteilt. Das Rechtsverhältnis zwischen diesen beiden Gesellschaften ist im Hinblick auf einen etwaigen Forderungsübergang bereits unklar, ohne dass es auf den vorgetragenen "Abtretungskreis" ankommt. Für den Schuldner muss die Identität der ursprünglichen Gläubigerin des Titels und der Vollstreckungsgläubigerin aus dem Antrag nachvollziehbar sein. Denn unabhängig von etwaigen Abtretungen muss es dem Schuldner stets möglich sein, die Forderungsübergänge nachzuvollziehen und zu überprüfen.

Abtretung oder Rechtsnachfolge – das ist hier die Frage

Vorliegend bleibt ungeklärt, ob die Forderung nach einer Fusion oder im Wege der Abtretung übergegangen ist oder womöglich die Fa. Quelle GmbH eine Rechtsnachfolgerin der Fa. Quelle Schickedanz AG amp Co. ist, der seinerzeit die Forderung unstreitig zustand. Da die die Zwangsvollstreckung betreibende Gläubigerin und die Titelgläubigerin voneinander ersichtlich abweichen – mithin die Vollstreckungsvoraussetzungen derzeit nicht vorliegen –, hat der Gerichtsvollzieher im Ergebnis zutreffend den Vollstreckungsauftrag abgelehnt.

2 Der Praxistipp

Vollstreckungsvoraussetzungen nach § 750 ZPO beachten

Nach § 750 ZPO darf die Zwangsvollstreckung nur für und gegen die im Titel genannte Person erfolgen. Liegt keine Identität zwischen dem Antragsteller und der im Titel genannten Person vor, hindert dies also grundsätzlich die Zwangsvollstreckung. Es ergeben sich dann zwei Optionen:

Entweder liegt eine gesetzliche oder gewillkürte Rechtsnachfolge vor, wie die Abtretung der Forderung oder die Erbfolge, so dass der Vollstreckungstitel nach § 727 ZPO zunächst auf den Rechtsnachfolger umgeschrieben werden muss.

Oder es liegt lediglich eine Namensänderung wie nach einer Heirat oder eine Firmenänderung nach dem Umwandlungsgesetz vor. In diesen Fällen bedarf es nur einer sogenannten Beischreibung. Die Tatsache ist durch eine entsprechende Urkunde nachzuweisen und auf dem Vollstreckungstitel zu vermerken.

Abweichungen offensiv erklären

Im vorliegenden Fall ergaben sich die Unklarheiten aus zwei Aspekten: Zum einen lagen unterschiedliche Bezeichnungen in den juristischen Formen vor, nämlich einerseits eine Aktiengesellschaft als Gläubigerin und eine GmbH als Antragstellerin. Dass beide erkennbar ("Quelle") zum gleichen Konzern gehören, ändert zunächst nichts an der Selbstständigkeit juristischer Personen. Sodann wichen die Adressen voneinander ab. Gerade dies lässt sich – zumal wenn der Vollstreckungstitel von 1997 stammt – sicher leicht erklären. Um Monierungen und damit einen möglicherweise rangmindernden Zeitverlust zu vermeiden, sollte der Antragsteller von sich aus auf diese Umstände hinweisen und sie erklären.

FoVo 5/2020, S. 94 - 95

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