Leitsatz

Die Überweisung der Corona-Soforthilfe auf ein P-Konto begründet keinen Pfändungsschutz nach § 850k Abs. 4 ZPO, sehr wohl aber einen solchen nach § 765a ZPO.

LG Köln, Beschl. v. 23.4.2020 150 – 39 T 57/20

1 I. Der Fall

Kontopfändung auf Titulierung

Der Gläubiger ist Steuerberater und verfügt über einen gegen den Schuldner gerichteten Vollstreckungsbescheid über Honorarforderungen aus Steuerberatertätigkeit.

Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 9.6.2017 wurde der Anspruch des Schuldners auf Auszahlung des Kontoguthabens gegenüber der Drittschuldnerin (seiner Bank) gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen. Das Konto wird derzeit als Pfändungsschutzkonto i.S.v. § 850k ZPO geführt.

Gewährung der Corona-Soforthilfe

Am 27.3.2020 wurde dem Schuldner mit Bescheid der Bezirksregierung Köln gemäß § 53 LHO i.V.m. dem Programm zur Gewährung von Soforthilfen aus dem Bundesprogramm "Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbstständige" und dem ergänzenden Landesprogramm "NRW-Soforthilfe 2020" eine Soforthilfe in Höhe von 9.000,00 EUR als einmalige Pauschale bewilligt. In dem Bescheid heißt es unter anderem:

 
Praxis-Beispiel

… 2. Aufrechnungsverbot

Für die bewilligte Soforthilfe gilt ein direktes Verrechnungs- beziehungsweise Aufrechnungsverbot mit bereits bestehenden Kreditlinien beim jeweiligen Kreditinstitut. Bei Überweisung der Soforthilfe darf es nicht zu einer zwangsläufigen Bedienung bereits bestehender Kontokorrentforderungen oder sonstiger Zins- und Tilgungsforderungen kommen. Die bewilligte Soforthilfe muss vollumfänglich zur Kompensation der unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe genutzt werden. Ihnen als Empfänger/in obliegt die Entscheidung, welche Forderungen mit höchster Relevanz für die Existenzsicherung ausgestattet sind (bspw. Mietforderungen, Lieferantenforderungen) und daher vorrangig durch den Zuschuss bedient werden sollen.

3. Zweckbindung

Die Soforthilfe erfolgt ausschließlich zur Milderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens bzw. des Selbstständigen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie als Einmalzahlung für drei Monate.

Die Soforthilfe dient insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 1.3.2020 im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie entstanden sind. Nicht umfasst sind vor dem 1.3.2020 entstandene wirtschaftliche Schwierigkeiten bzw. Lieferengpässe. …

Überweisung auf ein P-Konto

Die Corona-Soforthilfe in Höhe von 9.000,00 EUR wurde dem Schuldner am 2.4.2020 auf seinem bei der Drittschuldnerin unterhaltenen P-Konto gutgeschrieben. Das Kontoguthaben, welches über den für den Schuldner eingerichteten Sockelbetrag hinausgeht, zahlt die Drittschuldnerin nicht an den Schuldner aus.

Antrag auf Vollstreckungsschutz …

Mit Schreiben vom 7.4.2020 beantragte der Schuldner gegenüber dem Amtsgericht die Aufhebung der Pfändung auf seinem Konto in Höhe von 9.000,00 EUR und die Freigabe des entsprechenden Betrages. Hierzu behauptet er, er benötige die Corona-Soforthilfe für den laufenden Lebensunterhalt seiner Familie in den nächsten drei Monaten.

… dem das AG stattgegeben hat

Mit angefochtenem Beschluss vom 8.4.2020 gab das AG den auf dem Pfändungsschutzkonto eingegangenen Betrag in Höhe von 9.000,00 EUR in voller Höhe an den Schuldner frei. Der Antrag des Schuldners stelle einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO dar. Die Corona-Soforthilfe sei eine zweckgebundene Leistung, welche ausschließlich für die durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe genutzt werden solle. Eine Tilgung von Altschulden sei nicht Sinn der Maßnahme. Die Auszahlung der Corona-Soforthilfe an den Gläubiger würde eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung darstellen, welche unter voller Würdigung seines Schutzbedürfnisses wegen ganz besonderer Umstände eine nicht mit den guten Sitten vereinbare Härte für den Schuldner bedeuten würde.

Keine Akzeptanz beim Gläubiger

Hiergegen hat der Gläubiger mit Schriftsatz vom 15.4.2020 sofortige Beschwerde erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend, dass der Schuldner in keiner Weise schutzwürdig sei. So verfüge der Schuldner über ein Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse. Der Schuldner hätte längst auf ihn – den Gläubiger – zugehen und seine titulierten Altschulden begleichen können. Der Schuldner könne die titulierte Forderung jedenfalls aus seinem übrigen Einkommen begleichen, wenn er schon die Corona-Soforthilfe für seinen aktuellen Lebensunterhalt einsetzen müsse. Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache unter erneuter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

2 II. Die Entscheidung

LG folgt dem AG

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Gläubigers hat in der Sache keinen Erfolg. Es wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss sowie im Nichtabhilfebeschluss Bezug genommen, welchen sich die Kammer nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage anschließt. Das Vorbringen des Gläubigers in s...

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