Sprechen kann lukrativ sein

Das gerichtliche Mahnverfahren hat grundsätzlich einen sehr stringenten Ablauf. Der Mahnbescheid wird beantragt und wenn kein Widerspruch eingelegt wird, folgt der Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides. Wird Widerspruch oder Einspruch eingelegt, wird das Verfahren regelmäßig in das Klageverfahren überführt. Allerdings kann es für den Bevollmächtigten – den Rechtsanwalt oder das registrierte Inkassounternehmen – lukrativ sein, noch einmal mit dem Schuldner das Gespräch zu suchen. Auch im gerichtlichen Mahnverfahren kann nämlich die Terminsgebühr anfallen. Mit einem solchen Fall hatte sich auch aktuell das OLG Brandenburg auseinanderzusetzen (OLG Brandenburg v. 20.12.2018 – 6 W 129/18).

Ein Fall aus der Praxis

Der Schuldner hat im Fall des OLG Brandenburg im gerichtlichen Mahnverfahren Widerspruch eingelegt. Er machte in der Folge dann eine 1,2-Terminsgebühr geltend. Zur Begründung führte er aus, sein Prozessbevollmächtigter habe mit einer Mitarbeiterin der Klägerin telefonisch über seinen Widerspruch im Mahnverfahren gesprochen und hierbei insbesondere auf die Einrede der Verjährung hingewiesen. Ziel sei die Vermeidung des Klageverfahrens gewesen. Die Gläubigerin hat den Inhalt eines solchen Gesprächs bestritten. Beide Parteien haben widersprechende eidesstattliche Versicherungen ihrer Mitarbeiterinnen vorgelegt.

Die rechtliche Ausgangslage

Nach der Vorbemerkung 3.3.2. VV RVG bestimmt sich die Terminsgebühr im gerichtlichen Mahnverfahren nach Abschnitt 1 und damit nach § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3 Vorbemerkung 3, Abs. 3 Nr. 2 VV RVG.

Danach verdient der Rechtsanwalt die Terminsgebühr auch durch die Mitwirkung an einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts.

Der Zweck der Regelung, den Anwendungsbereich der Terminsgebühr zu erweitern, lag darin, die Gerichte zu entlasten. Sie entspricht der früheren Besprechungsgebühr. Die Gebühr soll insbesondere dann verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Rechtsstreits gerichteten Besprechungen mitwirkt, um auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Einigung hinzuwirken (BT-Drucks 15/1971, S. 209).

 

Hinweis

Für den Anfall der Terminsgebühr ist damit nicht entscheidend, dass eine gütliche Einigung gelingt. Dieser Umstand wird – zusätzlich – mit der Einigungsgebühr vergütet. Honoriert werden soll vielmehr das Bemühen um einen Verfahrensabschluss ohne weitere Inanspruchnahme der Gerichte.

BGH sieht keine hohen Anforderungen

Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof (zuletzt NJW-RR 2017, 1148) an das Merkmal der – auch telefonisch durchführbaren – Besprechung keine besonderen Anforderungen gestellt und die Terminsgebühr als entstanden angesehen, wenn der Gegner die auf eine Erledigung des Verfahrens gerichteten Äußerungen zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine Partei zur Kenntnis nimmt (BGH NJW-RR 2007, 286 Rn 7 m.w.N.) oder sich auch nur an Gesprächen mit dem Ziel einer Einigung interessiert zeigt (BGH NJW 2007, 2858 Rn 10).

Glaubhaftmachung des Anfalls der Gebühr

Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt nach § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO, dass er glaubhaft gemacht ist. Die Glaubhaftmachung erfolgt nach § 294 ZPO und wird durch eine eidesstattliche Versicherung gewährleistet. Das hatte der Antragsteller im Beispielsfall (Schuldner) durch die eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin des Bevollmächtigten gewährleistet.

 

Hinweis

Auf die eidesstattliche Versicherung des Gegners kam es erst einmal nicht an. Die Pflicht zur Glaubhaftmachung trifft nach dem Wortlaut der Norm nur den Antragsteller.

Frage 1: Hat überhaupt ein Gespräch stattgefunden?

Voraussetzung des Anfalls der Terminsgebühr ist zunächst einmal, dass überhaupt ein Gespräch stattgefunden hat. Das war im Beispielsfall unstreitig. Gestritten wurde tatsächlich nur über den Inhalt des Gespräches.

 

Hinweis

Es muss ein Gespräch stattgefunden haben. Eine schriftliche Kommunikation, auch eine solche per SMS, E-Mail oder Fax genügt nicht, um die Terminsgebühr auszulösen (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, Vorbem. 3 Rn 178)

Frage 2: Was wurde besprochen?

Wenn unstreitig über die Vermeidung des Verfahrens gesprochen wurde – etwa die Rücknahme des Mahnbescheidsantrages oder den Widerspruch – macht die Annahme des Anfalls der Terminsgebühr keine Schwierigkeiten.

Im Beispielsfall war genau diese Frage aber streitig. Es stellt sich also die Frage, was dies für die Festsetzung der Terminsgebühr bedeutet. Das OLG Brandenburg spricht aus, dass es im Verfahren nach den §§ 103 ff. ZPO nicht erforderlich ist, dass sich die für die Festsetzung der beantragten Gebühren maßgeblichen Tatsachen ohne weitere Erhebungen aus der Gerichtsakte ergeben müssen oder unstreitig sind.

Nach § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO genügt zur Berücksichtigung eines Ansatzes, dass er glaubhaft gemacht ist. Hierfür ist lediglich erforderlich, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostentatbestands mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststeh...

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