Der Drittschuldner zahlt nicht

Antwortet der Arbeitgeber auf die Lohnpfändung nicht oder nur mit einer unvollständigen Drittschuldnerauskunft, zahlt er dann ersichtlich pfändbare Beträge nicht aus oder ist von solchen auszugehen und wollen Sie die Angaben auch noch überprüfen, ist einiges zu tun.

Sie fordern ihn dazu auf

Im Beitrag auf S. 61 ff. haben wir dazu die Rechtslage dargestellt. Insbesondere wurde ausgeführt, dass es weder notwendig noch sinnvoll ist, den Drittschuldner erneut oder mehrfach zur (vollständigen) Abgabe der Drittschuldnerauskunft aufzufordern. Richtig ist es vielmehr, als neue Angelegenheit eine unmittelbare Zahlungsaufforderung an ihn zu richten. Für den Beispielsfall auf S. 61 (in diesem Heft) soll die nachfolgende Arbeitshilfe als Muster dienen.

Muster: Schreiben an den Drittschuldner nach unvollständiger Drittschuldnerauskunft

 

Muster:

An den

Arbeitgeber

Musterstraße

12345 Musterstadt

In der Zwangsvollstreckungssache

Gläubiger ./. Schuldner

zeigen wir an, dass der Gläubiger uns mit der Einziehung der mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts in Musterstadt vom 5.1.2022, Az: 12 M 345/22, gepfändeten Forderung gegen Sie beauftragt hat.

Ihnen wurde in der vorbezeichneten Vollstreckungssache der vorgenannte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss am … zugestellt.

Hierauf haben Sie mitgeteilt, dass der Schuldner bei Ihnen beschäftigt ist und ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2.300 EUR erhält. Zugleich haben Sie mitgeteilt, dass keine unterhaltsberechtigten Personen bekannt sind. Weitere Erklärungen wurden Ihrerseits nicht abgegeben. Damit ist das pfändbare Arbeitseinkommen des Schuldners ab dem Pfändungszeitpunkt an den Gläubiger auszuzahlen. Obwohl jedenfalls die Lohnperiode für den … 2022 nach der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bereits abgeschlossen ist, konnten wir bisher einen Zahlungseingang nicht feststellen.

Ausgehend von einem Nettolohn in Höhe von 2.300 EUR ergibt sich nach der seit dem 1.7.2021 geltenden Pfändungsfreigrenzentabelle ein pfändbarer Betrag in Höhe von 733,15 EUR. Sie befinden sich schon aufgrund des in der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses liegenden ernsthaften Zahlungsverlangens in Verzug. Dieser ergibt sich im Übrigen nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB auch ohne weitere Mahnung, weil der Arbeitslohn vertraglich zum 1. Werktag des Monats zu zahlen ist. Nichts anderes gilt, wenn der Arbeitslohn zum Letzten oder zum 15. des Monats zu zahlen ist, da sich in diesem Fall die Zahlungsverpflichtung seit der Pfändung gleichermaßen begründet. Auch ohne vertragliche Regelung ergibt sich der Verzug aus § 614 BGB i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Wir weisen nur rein vorsorglich darauf hin, dass höchstrichterlich geklärt ist, dass der Gläubiger ohne Weiteres davon ausgehen darf, dass hinsichtlich der Beitreibbarkeit der gepfändeten Forderung keine Hindernisse bestehen, wenn die Drittschuldnerauskunft nicht erteilt wird (BGH v. 14.1.2010 – VII ZB 79/09 Rn 14, juris). Gleiches muss gelten, wenn die Auskunft erteilt wird und sich daraus eindeutig ein pfändbarer Betrag ergibt, denn die Grundsätze des BGH gelten auch für die unvollständige, falsche oder nicht rechtzeitig erteilte Drittschuldnerauskunft (OLG Düsseldorf OLGR 1996, 35; LG Mönchengladbach JurBüro 2009, 273; Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 840 Rn 13).

Namens und in Vollmacht des Gläubigers haben wir Sie aufzufordern, die offenen pfändbaren Beträge seit dem … in Höhe von zumindest 733,15 EUR zuzüglich Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem … sofort an uns auszuzahlen. Zugleich haben Sie die Kosten dieser Zahlungsaufforderung zu tragen (Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 840 Rn 13; OLG Dresden NJW-RR 2011, 924), die ebenfalls unmittelbar an uns zu zahlen sind.

 
Gegenstandswert: 733,15 EUR
Inkassokosten: Erstattung der vertraglich mit dem Gläubiger vereinbarten 0,9-Geschäftsgebühr Nr. 2300 Abs. 2 VV RVG 79,20 EUR
Inkassokosten: Erstattung der vertraglich mit dem Gläubiger vereinbarten Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 15,84 EUR
Summe 95,04 EUR
zuzüglich Hauptforderung (HF) 733,15 EUR
zuzüglich Zinsen auf die HF von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2022 (bis 4.3.2022) 2,65 EUR
sowie weiterer kalendertäglicher Zinsen von 0,08 EUR
Gesamt 829,84 EUR

Hinweis: Soweit vorstehend Inkassokosten geltend gemacht werden, beruhen diese auf den vertraglichen Vereinbarungen mit dem Gläubiger, die Sie nach §§ 280, 286 BGB aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu erstatten haben, wobei die Begrenzung nach § 13e RDG beachtet wird.

Sollten wir den Zahlungseingang nicht bis zum … verbuchen können, werden wir unserem Mandanten empfehlen, die Forderung mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen und einen entsprechenden Auftrag zu erteilen.

Bitte tragen Sie zugleich dafür Sorge, dass die Zahlungen künftig pünktlich erfolgen, um weiteren Aufwand und Kosten zu vermeiden.

Mit freundlichen Grüßen

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser:...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge