Not ist schnell in der Praxis angekommen

Die Entscheidung zeigt, in welcher Not viele Schuldner sind, wenn schon ihr bisheriges Nettoeinkommen kaum ausgereicht hat, um den regelmäßigen finanziellen Ansprüchen zu genügen, geschweige denn außerordentlichen finanziellen Anforderungen gerecht zu werden. Der Bezug von Kurzarbeitergeld reduziert das Arbeitseinkommen in Abhängigkeit von der Frage, ob Kinder im Haushalt vorhanden sind, auf 60 oder 67 % des ausgefallenen Nettolohns.

 

Checkliste: Was bedeutet es, wenn der Schuldner Kurzarbeitergeld bekommt?

Beim Kurzarbeitergeld sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

Kurzarbeitergeld wird in Höhe von 60 % des ausgefallenen Nettolohns gezahlt.
Ist mindestens ein Kind vorhanden, erhöht sich das Kurzarbeitergeld auf 67 % des ausgefallenen Nettolohns.
Für die vom Arbeitgeber allein zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge (Beitrag für Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Anteil zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung) kann der Arbeitgeber die volle Erstattung für die Zeit des Arbeitsausfalls beantragen.
Vorhandener Urlaub aus dem vergangenen Jahr (2019) muss zur Vermeidung der Kurzarbeit eingesetzt werden. Für diesen Zeitraum erhält der Schuldner also noch vollen Lohn.
Überstunden und Arbeitszeitkonten sind zur Vermeidung von Kurzarbeit aufzulösen. Auch für diese Zeit erhält der Schuldner also noch vollen Lohn.
Der Arbeitgeber muss prüfen, ob der Arbeitnehmer nicht umgesetzt und mit anderen Aufgaben versehen werden kann (Lager-, Aufräum- oder Instandsetzungsarbeiten); auch in diesen Fällen erhält der Schuldner noch vollen Lohn.

Falsche Reaktion des Gläubigers

Der Gläubiger hat vorliegend falsch reagiert, indem er angesichts der gesetzlichen Regelung auf den Forderungsausgleich bestanden hat. Schon Art. 240 § 3 Abs. 4 EGBGB bestimmt, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: "Der Darlehensgeber soll dem Verbraucher ein Gespräch über die Möglichkeit einer einverständlichen Regelung und über mögliche Unterstützungsmaßnahmen anbieten. Für dieses können auch Fernkommunikationsmittel genutzt werden."

Reden hilft

Vor diesem Hintergrund wäre es angezeigt gewesen, mit dem Schuldner ein vertragliches Moratorium zu vereinbaren, das die Rückzahlungsverpflichtung im Sinne eines abstrakten Schuldanerkenntnisses festschreibt und auf dieser Grundlage auch eine klare Vereinbarung zur Rückzahlung – ggf. in Raten – aufzeigt. Mit der integrierten Abtretung von Forderungen des Schuldners gegen Dritte, etwa des künftigen Arbeitslohns nach der Krise und nach Kurzarbeitergeld, wären klare Befriedigungsoptionen zu erzielen gewesen. Auch kann verlangt werden, dass der Schuldner seine Einkommens- und Vermögenssituation vor und nach der Krise offenbart. Solche Informationen sind im weiteren Einziehungsprozess von erheblichem Wert. So hat der Gläubiger sich nur eine Stundung ohne anschließende Rückzahlungsoption eingehandelt.

FoVo 4/2020, S. 75 - 77

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