Leitsatz

1. Die Inhaberschaft an einer Internet-Domain unter der Top-Level-Domain "de" gründet sich auf die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber der Domain aus dem Registrierungsvertrag gegenüber der DENIC eG zustehen. Diese Ansprüche sind Gegenstand der Pfändung nach § 857 Abs. 1 ZPO.

2. Drittschuldnerin ist bei der Pfändung der Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche des Domaininhabers aus dem Registrierungsvertrag die DENIC eG (im Anschluss an BFH, Urt. v. 20.6.2017 – VII R 27/15, BFHE 258, 223).

3. Bei einer Verwertung der gepfändeten Ansprüche nach §§ 857 Abs. 1, 844 Abs. 1 ZPO durch Überweisung an Zahlung statt zu einem Schätzwert übernimmt der Gläubiger sämtliche Ansprüche aus dem Registrierungsvertrag mit der DENIC eG einschließlich der vertraglichen Position als zu registrierender Domaininhaber.

BGH, Beschl. v. 11.10.2018 – VII ZR 288/17

1 I. Der Fall

Gläubiger erstrebt Übernahme der gepfändeten Domain

Der Kläger begehrt seine Registrierung als Inhaber der Domain "…de" von der beklagten DENIC eG, der zentralen Registrierungsstelle für Domains, unter der Top-Level-Domain "de". Zwischen der Beklagten und den Inhabern der von ihr verwalteten Domains bestehen Domainverträge (Registrierungsverträge), für die die DENIC-Domainbedingungen sowie die DENIC-Domainrichtlinien gelten. In den DENIC-Domainbedingungen heißt es in der im Streitfall maßgeblichen Fassung:

 

§ 6 Domainübertragung

(1) Die Domain ist übertragbar, es sei denn, sie ist mit einem Dispute-Eintrag (§ 2 Abs. 3) versehen.

(2) DENIC registriert die Domain für den künftigen Domaininhaber, wenn der Domaininhaber den Vertrag kündigt, sofern eine Kündigung nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften überflüssig ist, und zugleich der künftige Domaininhaber unter Vorlage der ihn als solchen ausweisenden Unterlagen einen Domainauftrag erteilt …

Pfändung wegen einer Geldforderung und Überweisung

Der Kläger erwirkte aufgrund eines vollstreckbaren Titels über eine Gesamtforderung von 11.967,90 EUR einen Pfändungsbeschluss, in dem die angeblichen Ansprüche des Schuldners – Inhaber der Domain "…de" – aus dem mit der Beklagten (Drittschuldnerin) abgeschlossenen Registrierungsvertrag über die Domain "…de" gepfändet wurden. Mit weiterem Beschluss wurde die gepfändete angebliche Forderung des Schuldners gegen die Beklagte dem Kläger an Zahlung statt zu einem Schätzwert von 5.360 EUR überwiesen. Der Kläger erklärte die Kündigung der Domain "…de" und beauftragte die Beklagte, ihn als künftigen Inhaber zu registrieren. Dies lehnte die Beklagte ab.

Vorinstanzen geben dem Gläubiger Recht

Das LG hat die Beklagte verurteilt, die Domain "…de" für den Kläger zu registrieren. Das Berufungsgericht hat, nachdem es den Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Einzelrichterin übertragen hatte, durch diese die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

2 II. Aus der Entscheidung

Die Revision hat keinen Erfolg.

BGH folgt den Vorinstanzen und verurteilt die DENIC

Der Kläger kann von der Beklagten verlangen, als Inhaber der Domain "…de" registriert zu werden. Durch die Pfändung der Ansprüche des Schuldners aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Registrierungsvertrag und die Überweisung der Ansprüche an Zahlung statt zu einem Schätzwert sind alle Ansprüche und Nebenrechte des Schuldners als Domaininhaber gegen die Beklagte auf den Kläger übergegangen. Hierzu gehört der Anspruch auf die Registrierung des zutreffenden Inhabers. Als Inhaber aller Ansprüche aus dem Vertrag ist der Kläger zugleich Inhaber der Domain.

Pfändung sonstiger Vermögensrechte

Der Kläger ist aufgrund des Überweisungsbeschlusses Anspruchsinhaber, §§ 857 Abs. 1, 835 Abs. 2 ZPO. Der Beschluss ist ebenso wie der zugrunde liegende Pfändungsbeschluss mit Zustellung an die Beklagte wirksam geworden, §§ 857 Abs. 1, 835 Abs. 3 S. 1; 829 Abs. 3 ZPO. Die DENIC eG ist bei der Pfändung der Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche des Domaininhabers aus dem Registrierungsvertrag Drittschuldnerin, da die Pfändung dieser Rechte unmittelbar in das bestehende Vertragsverhältnis eingreift und somit die Rechtsstellung der DENIC eG betrifft (so bereits BFHE 258, 223).

Keine Unbestimmtheit

Der Überweisungsbeschluss ist nicht mangels Bestimmtheit unwirksam. Durch den dort in Bezug genommenen Pfändungsbeschluss wird deutlich, dass sämtliche angeblichen Ansprüche des Schuldners aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Registrierungsvertrag über die Domain "…de" dem Kläger an Zahlung statt zu einem Schätzwert von 5.360 EUR überwiesen werden. Anders als die Revision meint bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass nur ein (unbestimmter) Teil der gepfändeten Ansprüche auf den Kläger übergegangen sein könnte. Vielmehr spricht dagegen auch, dass gerade nur die Gesamtheit der Ansprüche ein Vermögensrecht darstellt, auf das in wirtschaftlich sinnvoller Weise im Wege der Zwangsvollstreckung zugegriffen werden kann (vgl. BGH NJW 2005, 3353).

Pfändung und Überweisung geben Eintragungsrecht

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