Auch bei der eingeschränkten pauschalen Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung gemäß § 119 Abs. 2 ZPO ist die Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts in Anwendung des § 121 Abs. 2 ZPO für die jeweilige Maßnahme der Zwangsvollstreckung zu prüfen.

BGH, 10.12.2009 – VII ZB 31/09

I. Der Fall

Vollstreckung aus arbeitsrechtlichem Titel

Die Gläubigerin beabsichtigt, gegen den Schuldner aus einem vor dem Arbeitsgericht abgeschlossenen Vergleich, in dem sich der Schuldner zur Zahlung restlichen Arbeitslohns in Höhe von 3.618 EUR und zur Erteilung entsprechender Lohnabrechnungen verpflichtete, die Zwangsvollstreckung zu betreiben.

PKH pauschal bewilligt – Beiordnung abgelehnt

Sie hat beantragt, ihr für das Vollstreckungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin C. beizuordnen. Die Rechtspflegerin hat der Gläubigerin für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners vorerst auf die Dauer eines Jahres Prozesskostenhilfe bewilligt, jedoch die Beiordnung der Rechtsanwältin abgelehnt. Das LG hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihr Begehren auf Beiordnung der Rechtsanwältin für das Zwangsvollstreckungsverfahren weiter.

II. Die Entscheidung

Die Anforderungen an die Beiordnung

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Verfahren ohne Anwaltszwang nach § 121 Abs. 2 ZPO ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die Partei dies beantragt hat und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, d.h. wenn Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache Anlass zu der Befürchtung geben, der Hilfsbedürftige werde nach seinen persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage sein, seine Rechte sachgemäß wahrzunehmen und die notwendigen Maßnahmen in mündlicher oder schrift­licher Form zu veranlassen.

Der Einzelfall entscheidet

Die Notwendigkeit der Beiordnung des Rechtsanwalts hängt danach einerseits von den persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen gerade des Antragstellers und andererseits von der Schwierigkeit der im konkreten Fall zu bewältigenden Rechtsmaterie ab (BGH NJW 2003, 3136). Maßgebend ist die jeweilige Zwangsvollstreckungsmaßnahme, so dass nicht allein darauf abgestellt werden kann, ob die Zwangsvollstreckung insgesamt wenige oder erfahrungsgemäß viele rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten aufweist (BGH FamRZ 2003, 1921).

Pauschalbewilligung der PKH ändert nichts

Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Ansicht gilt auch in den Fällen der eingeschränkten Pauschalbewilligung gemäß § 119 Abs. 2 ZPO nichts Anderes. Die durch das 2. Gesetz zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften eingeführte Norm ermöglicht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen für alle Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Amtsgerichts und hat damit die Streitfrage, ob für jede Vollstreckungsmaßnahme isoliert Prozesskostenhilfe zu beantragen ist, mit diesem Inhalt gelöst (BT-Drucks 13/391, S. 13; vgl. dazu auch Hornung, Rpfleger 1988, 381 ff.). Sie verhält sich jedoch nicht zur Beiordnung eines Rechtsanwalts (zutreffend Hornung, Rpfleger 1988, 381; ebenso Frank, Rpfleger 2004, 190; jedoch befürworten beide in den Fällen des § 119 Abs. 2 ZPO die regelmäßige Beiordnung eines Rechtsanwalts). Dies ist nach wie vor in Anwendung des insofern unverändert gebliebenen § 121 Abs. 2 ZPO und den hierzu vom BGH gestellten Anforderungen zu beurteilen.

III. Der Praxistipp

Das Problem des Gläubigers ist ein Problem des Rechtsdienstleisters

Der Gläubiger ist nicht immer in der Lage, die Kosten der Zwangsvollstreckung aufzubringen, auch wenn es sich nur um kleinere Beträge handelt. Ist die Eintreibung der Forderung erfolgreich, stellt dies kein Problem dar. Dann hat der Schuldner auch die Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO zu tragen. Doch häufig ist genau dies nicht der Fall, so dass sich auch der Rechtsanwalt oder der registrierte Inkassodienstleister (§ 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO) die Frage stellen muss, wie er seine Vergütung bei einem nicht leistungsfähigen Gläubiger erhält.

Option: Teilvoll­streckungsaufträge

Eine Möglichkeit ist es, die Kosten von Anfang an durch Teilvollstreckungsaufträge gering zu halten. Zumindest bei den streitwertabhängigen Rechtsanwaltsgebühren führt dies zu einer Kostenreduzierung. Letztlich macht der Rechtsdienstleister hier allerdings die gleiche Arbeit für weniger Geld.

Option: Der sachgerechte PKH-Antrag

Der zweite Weg liegt in der Beantragung von Prozesskostenhilfe. Die Kunst des Rechtsdienstleisters liegt dann darin, dem bewilligenden Vollstreckungsgericht zu verdeutlichen, dass der Gläubiger ohne seine Hilfe nicht in der Lage ist, die Zwangsvollstreckung sachgerecht zu betreiben. Die eigene Unentbehrlichkeit muss also dargestellt werden. Dazu kann es hilfreich sein, darauf abzustellen, dass nicht nur der Gerichtsvollzieher beauftragt oder eine Forderung gepfändet werde...

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