Konsequente Vollstreckung ist erforderlich

Pfändet der Gläubiger das Arbeitseinkommen des Schuldners, so sollte er die sich daraus ergebenden Informationsmöglichkeiten vollständig nutzen. Neben der Drittschuldnerauskunft hat der Gläubiger Auskunfts- und Herausgabeansprüche gegen den Schuldner nach § 836 Abs. 3 ZPO. Über diese Rechte hinaus wird regelmäßig vernachlässigt, dass der Gläubiger nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch einen Anspruch auf Herausgabe der Lohnabrechnung durch den Drittschuldner hat (BGH vom 19.12.2012 – VII ZB 50/11, FoVo 2013, 56).

Lohnabrechnung auswerten

Auf Anforderung des Gläubigers werden die Lohnabrechnungen des Schuldners von den Drittschuldnern regelmäßig übersandt. Es gilt dann, diese auszuwerten. Dabei ist die Steuerklasse ein wichtiger Hinweis für eine optimierte Vollstreckung. Sie gibt nämlich in den Lohnsteuerklassen II, III, IV, V und VI Ansatzpunkte für die Nichtberücksichtigung unterhaltsberechtigte Personen (II, IV, V), die erweiterte Informationsermittlung (III) oder die Zusammenrechnung mit noch weiteren Arbeitseinkommen (VI).

Nichtberücksichtigung unterhaltsberechtigter Personen

Hat eine Person, welcher der Schuldner aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, eigene Einkünfte, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach billigem Ermessen gemäß § 850c Abs. 4 ZPO bestimmen, dass diese Person bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt. Der Nachweis eigener Einkünfte kann durch die Vorlage der Lohnabrechnung geführt werden, wenn sich daraus die Lohnsteuerklasse IV für den Schuldner ergibt. Dies führt steuerrechtlich zwingend zu der Erkenntnis, dass der Ehegatte des Schuldners ebenfalls die Lohnsteuerklasse IV hat. Aus diesem Umstand kann darauf geschlossen werden, dass der Ehegatte ein dem des Schuldners vergleichbares Einkommen hat. Da durch die Lohnabrechnung das Einkommen des Schuldners nachgewiesen werden kann, steht auf diese Weise zugleich fest, dass der Ehegatte ein Einkommen in etwa gleicher absoluter Höhe hat. Liegt dieses Einkommen oberhalb von 500 EUR monatlich, kann der Ehegatte seinen unterhaltsrechtlichen Bedarf selbstständig decken, so dass er bei der Berechnung des pfändungsfreien Betrages nicht zu berücksichtigen ist.

 

Hinweis

Sollte das Vollstreckungsgericht dies als Nachweis nicht akzeptieren und auch nicht von sich aus den Schuldner zu dieser Tatsachenbehauptung des Gläubigers hören, kann der Gläubiger von dem Schuldner die Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO verlangen, in der das Einkommen des Ehegatten anzugeben ist. Liegt bereits eine Vermögensauskunft vor, können die Angaben hieraus entnommen oder aber – bei fehlenden Angaben – deren Ergänzung verlangt werden.

§ 850h ZPO als Grundlage der Entscheidung

Der Entscheidung des Amtsgerichts lässt sich nicht entnehmen, auf welche Rechtsgrundlage es seine Entscheidung stützt. Sie wird durch § 850h ZPO getragen. Hat der Schuldner vor der Pfändung eine ungünstigerer Lohnsteuerklasse in Gläubigerbenachteiligungsabsicht gewählt, so kann er nach der Rechtsprechung des BGH bei der Berechnung des Pfändungsfreibetrages schon im Jahr der Pfändung so behandelt werden, als sei sein Arbeitseinkommen gemäß der günstigeren Lohnsteuerklasse zu versteuern. Wählt der Schuldner nach der Pfändung eine ungünstigere Lohnsteuerklasse oder behält er diese für das folgende Kalenderjahr bei, so gilt dies auch ohne Gläubigerbenachteiligungsabsicht schon dann, wenn für diese Wahl objektiv kein sachlich rechtfertigender Grund gegeben ist (BGH v. 4.10.2005 – VII ZB 26/05).

FoVo 3/2021, S. 56 - 57

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