Den pfändbaren Betrag hat nach einer Lohnabrechnung der Drittschuldner zu bestimmen. Das entbindet den Gläubiger und vor allem seinen Rechtsdienstleister aber nicht von der Prüfung, ob dies ordnungsgemäß geschehen ist. Auch können sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Gläubiger eigene Anträge stellen muss. Es gilt deshalb, die Lohnabrechnung als Teil des Informationsmanagements in der Forderungspfändung herauszuverlangen und sie zu prüfen.

Lohnabrechnung herausverlangen – der BGH hilft

Bei der Pfändung eines Anspruchs auf Lohnzahlung stellt der Anspruch auf Erteilung einer Lohnabrechnung einen unselbstständigen Nebenanspruch dar, wenn es der Abrechnung bedarf, um den Anspruch auf Lohnzahlung geltend machen zu können. Wenn nicht ausgeschlossen ist, dass dem Schuldner gegen den Drittschuldner derartige Ansprüche auf Lohnabrechnung zustehen, werden diese angeblichen Ansprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner (Arbeitgeber) bei einer Lohnpfändung mitgepfändet. Das hat der BGH bereits 2012 entschieden (BGH,19.12.2012 – VII ZB 50/11, FoVo 2013, 56).

 

Hinweis

Das bedeutet, dass nicht nur der Schuldner, sondern vor allen Dingen der Drittschuldner verpflichtet ist, die Lohnabrechnung herauszugeben. Das sichert eine hohe Zahl von Übermittlungen, wenn diese – unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH – konsequent angefordert wird.

Checkliste zur Prüfung der Lohnabrechnung Wenn die Lohnabrechnung eingeht, prüfen Sie vor allem folgende Punkte:

Gibt die Steuerklasse einen Hinweis auf eigenes Einkommen gesetzlich unterhaltsberechtigter Personen, so dass ein Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO in Betracht kommt?
 

Hinweis

Darauf deuten sicher die Lohnsteuerklassen 4 und 5 hin, während die Lohnsteuerklasse 2 einen Hinweis darauf gibt und die Lohnsteuerklasse 3 zumindest eine weitere Informationsermittlung initiiert (ggfs. Vermögensauskunft).

Gibt die Steuerklasse 6 einen Hinweis auf weitere Arbeitsverhältnisse, so dass das weitere Arbeitsverhältnis ermittelt werden kann (Nachfrage, §§ 802c, 802l ZPO), das weitere Arbeitseinkommen gepfändet und die beiden oder mehrere Arbeitseinkommen zusammengerechnet werden können?
Gab es unangemessene Sondervergütungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Treuegelder), so dass der unangemessene Teil nicht nach § 850a ZPO unpfändbar ist und bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens unberücksichtigt bleibt?
Wurden dem Schuldner Naturalleistungen gewährt, so dass ein Antrag auf Zusammenrechnung des Wertes der Naturalleistungen mit dem Arbeitslohn nach § 850e Nr. 3 ZPO gestellt werden muss, weil der Drittschuldner dies nicht von sich aus berücksichtigt hat?
 

Hinweis

Zu den Naturalleistungen zählen nicht nur "Kost und Logis", sondern vor allem auch der Dienstwagen, der Laptop oder das Tablet und natürlich das Smartphone, die allesamt auch privat genutzt werden dürfen.

Zeigt die Lohnabrechnung, dass vermögenswirksame Leistungen abgeführt werden? In diesem Fall ist zu ermitteln (ggfs. Vermögensauskunft oder § 802l ZPO), auf welchen Vertrag diese abgeführt wurden und werden. Hier kann sich ggfs. ein Zugriffsobjekt ergeben.
 

Hinweis

Viele vermögenswirksamen Leistungen werden auf Bausparverträge eingezahlt. Diese zählen zu den Konten, über die das Bundeszentralamt für Steuern nach § 802l ZPO Auskunft gibt. Einem besonderen Pfändungsschutz unterliegen die Guthaben aus einem Bausparvertrag nicht. Auch kann er regelmäßig unmittelbar gekündigt werden.

Wurde der pfändbare Betrag aus dem Nettolohn und nicht irrtümlich aus dem – niedrigeren – Auszahlungsbetrag berechnet? Immer wieder kommt es vor, dass beispielsweise wegen Zahlungsanweisungen an den Arbeitgeber, Vorschusszahlungen oder Abtretungen an Dritte der Auszahlungsbetrag kleiner ist als der tatsächliche Nettolohn. Maßgeblich für die Berechnung des Pfändungsfreibetrages ist aber allein der Nettolohn (§ 850e Nr. 1 ZPO).
In vielen Arbeitsverhältnissen werden Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder oder Zulagen gezahlt. Prüfen Sie die Lohnabrechnung darauf! Sie sind nach § 850a Nr. 3 ZPO nur soweit unpfändbar, wie sie angemessen sind. Die Angemessenheit dürfte mit dem Umfang der Steuerfreiheit korrespondieren. Die steuerfreien Beträge gibt die Finanzverwaltung in Rundschreiben jedes Jahr bekannt.
Steht der Lohn in einem angemessenen Verhältnis zu Position und Aufgabe? Nicht selten ist festzustellen, dass bei einem besonderen Näheverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Schuldner die Vergütung "pfändungsoptimiert" wird. Liegt das Gehalt außerhalb des üblichen Rahmens, kann ein Fall der Lohnverschiebung oder Lohnverschleierung nach § 850h ZPO vorliegen.
Gibt die Lohnabrechnung Hinweise auf die Rentenversicherung? Seit der Rentenreform nach der Jahrtausendwende setzt sich die Rentenversicherung aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der betrieblichen Altersvorsorge (Versorgungswerke, Direktversicherungen etc.) und der privaten Absicherung (Riester- bzw. Rüruprente etc.) zusammen. Jede für sich allein erbringt in der Regel keine pfändba...

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