Naturalleistungen richtig bewerten

Nicht selten erhält der Schuldner neben seinem baren Einkommen auch noch Naturalleistungen in Form von Kost und Logis, aber auch den Pkw, den Laptop oder das Handy, die allesamt auch privat genutzt werden dürfen. Die Zusammenrechnung des in Geld zahlbaren Einkommens und der Naturalien obliegt dann dem Drittschuldner, nicht dem Vollstreckungs- oder dem Insolvenzgericht. Einer gerichtlichen Anordnung bedarf es – anders als im Falle der Zusammenrechnung nach § 850e Nr. 2 ZPO – deshalb nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH FoVo 2013, 73 = NJW-RR 2013, 650) nicht.

 

Hinweis

Dieser Verpflichtung kommt allerdings nicht jeder Drittschuldner nach, weshalb der Gläubiger ihn darauf hinweisen sollte. Dies gilt insbesondere bei kleineren Arbeitgebern, die über keine eigene Rechtsabteilung oder professionelle Lohnbuchhaltung verfügen.

Informationsbeschaffung und Sozialversicherungsentgeltverordnung

Ob solche Leistungen geschuldet sind bzw. gewährt werden, kann sich aus der Lohnabrechnung des Schuldners ergeben, die vom Drittschuldner herauszugeben ist (BGH FoVo 2013, 56), oder aber aus dem Arbeitsvertrag, den der Schuldner nach § 836 Abs. 3 ZPO herauszugeben hat. Für die Orientierung über den Wert der Sozialleistungen kann auf steuerliche Vorschriften oder – soweit Verpflegung und Unterkunft betroffen sind – die Sozialversicherungsentgeltverordnung zurückgegriffen werden, aus der sich die maßgeblichen Sätze für die Bewertung ergeben. Sie wird regelmäßig angepasst. Die letzte Änderung hat der Bundesrat am 19.10.2018 mit der Maßgabe beschlossen, dass die neuen Werte ab dem 1.1.2019 anzuwenden sind.

 
Checkliste: Bewertung der Verpflegungsleistung ("Kost") monatlich
  Frühstück Mittagessen Abendessen Gesamt
Volljähriger Arbeitnehmer 53,00 99,00 99,00 251,00
Jugendliche und Auszubildende 53,00 99,00 99,00 251,00
Volljähriges Familienmitglied 53,00 99,00 99,00 251,00
Familienmitglied 14 bis 17 Jahre 42,40 79,20 79,20 200,80
Familienmitglied 7 bis 13 Jahre 21,20 39,60 39,60 100,40
Familienmitglied bis 6 Jahre 15,90 29,70 29,70 75,80

Stellung der Wohnung

Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Wohnung, d.h. eine geschlossene Einheit von Räumen, in denen ein selbstständiger Haushalt geführt werden kann, unentgeltlich zur Verfügung, so ist der ortsübliche Mietpreis zu berücksichtigen. Um diesen zu ermitteln, kann der Gläubiger auf den in vielen Kommunen vorhandenen Mietspiegel oder vergleichbare Übersichten zurückgreifen. Werden dagegen Räume überlassen, die nicht als Wohnung zu qualifizieren sind, oder kommt der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber unter, bestimmt sich der Sachwert wie folgt:

 
Checkliste: geldwerte Unterkunft durch den Arbeitgeber
  Volljähriger AN (Unterkunft) Volljähriger AN (Aufnahme bei AG) AN bis 17 Jahre/Azubi (Unterkunft) AN bis 17 Jahre/Azubi (Aufnahme bei AG)
Belegt mit einem Beschäftigten 231,00 EUR 196,35 EUR 196,35 EUR 161,70 EUR
Belegt mit zwei Beschäftigten 138,62 EUR 103,95 EUR 103,95 EUR 69,30 EUR
Belegt mit drei Beschäftigten 115,50 EUR 80,85 EUR 80,85 EUR 46,20 EUR
Belegt mit mehr als drei Beschäftigten 92,40 EUR 57,75 EUR 57,75 EUR 22,10 EUR

Billigkeitsentscheidung denkbar

Ist es nach Lage des einzelnen Falles unbillig, den Wert einer Unterkunft nach diesen Werten zu bestimmen, kann die Unterkunft mit dem ortsüblichen Mietpreis bewertet werden. Dies wird dann der Fall sein, wenn die Unterkunft weniger dem Zweck der Arbeitsausübung als dem Lebensstil des Arbeitnehmers und Schuldners dient.

 

Hinweis

Bei der Berechnung des Wertes für kürzere Zeiträume als einen Monat ist für jeden Tag ein Dreißigstel der Werte zugrunde zu legen.

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