Pfändung als sonstiges Vermögensrecht

Ein Gesellschaftsanteil ist grundsätzlich pfändbar. Das ergibt sich ganz allgemein aus § 859 ZPO. Danach ist der Anteil eines Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen einer nach § 705 BGB eingegangenen Gesellschaft der Pfändung unterworfen. Zu solchen Gesellschaften gehören unter Anwendung von § 105 Abs. 3 HGB auch die OHG und die KG (Musielak/Voit/Becker, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 859 Rn 8). Da die Mitgliedschaft in der Gesellschaft als solche keinen Zahlungsanspruch darstellt, erfolgt die Pfändung als sonstiges Vermögensrecht nach §§ 857, 829 ZPO (Musielak/Voit/Becker, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 859 Rn 4; Proff zu Irnich, in: BeckOK-BGB, 52. Edition v. 1.10.2019, § 725 Rn 15).

Kündigung ist möglich

Als Konsequenz der Pfändung der Mitgliedschaft erfolgt die Verwertung zunächst in der Einziehung der aus der Gesellschafterstellung erwachsenden Zahlungsansprüche, insbesondere der Gewinnausschüttungs-, Ausgleichs- und Aufwendungsersatzansprüche sowie dem Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben (Proff zu Irnich, in: BeckOK-BGB, 52. Edition v. 1.10.2019, § 725 Rn 1). Die Realisierung setzt dementsprechend voraus, dass solche Ansprüche im gewöhnlichen Geschäftsverkehr auch entstehen.

 

Hinweis

Ist der Gesellschafter zugleich auch bei der Gesellschaft abhängig beschäftigt, müssen die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Ansprüche gesondert gepfändet werden.

Um den Auseinandersetzungsanspruch zu aktivieren, kann der Gläubiger auf der Grundlage des Pfändungsbeschlusses (BGH NJW 1986, 1991, Rn 11, zitiert nach juris) die Gesellschaft kündigen. Voraussetzung ist nach § 725 Abs. 1 BGB allerdings die Rechtskraft des Vollstreckungstitels und nach § 135 HGB, dass zuvor ein Mobiliarvollstreckungsversuch in das sonstige Vermögen des Schuldners versucht wurde. Dieser kann auch vor der Rechtskraft des Titels stattgefunden haben (BGH NJW 1982, 2773; Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, § 135 Rn 7, 8).

 

Hinweis

Wenn der Gesellschaftsanteil abweichend von der dispositiven Vorschrift des § 719 Abs. 1 BGB frei übertragbar ist, kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers oder Gesellschafter-Schuldners die Veräußerung des Anteils anordnen (§§ 857 Abs. 5, 844 ZPO). Die hierfür in § 844 Abs. 1 ZPO aufgestellte Voraussetzung, dass die Einziehung mit Schwierigkeiten verbunden ist, dürfte regelmäßig erfüllt sein, weil die Einziehung mit einer Auflösung der Gesellschaft und Auseinandersetzung ihres Vermögens verbunden wäre (Proff zu Irnich, in: BeckOK-BGB, 52. Edition v. 1.10.2019, § 725 Rn 16). Vor diesem Hintergrund ist streitig, ob dem Gläubiger zwischen diesen beiden Verwertungsarten ein Wahlrecht zusteht oder ob – gesellschaftsschonend – dann nur die Verwertung nach § 844 ZPO in Betracht kommt (so etwa Soergel/Hadding/Kießling, BGB, § 725 Rn 8).

Die Kündigungsfrist

Nach § 725 Abs. 1 BGB kann die Kündigung bei der GbR ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist erfolgen. § 135 HGB normiert hier für die OHG eine abweichende Frist. Hat ein Privatgläubiger eines Gesellschafters, nachdem innerhalb der letzten sechs Monate eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Gesellschafters ohne Erfolg versucht wurde, aufgrund eines nicht bloß vorläufig vollstreckbaren Schuldtitels die Pfändung und Überweisung des Anspruchs auf dasjenige erwirkt, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt, so kann er nach dieser Vorschrift die Gesellschaft ohne Rücksicht darauf, ob sie für bestimmte oder unbestimmte Zeit eingegangen ist, sechs Monate vor dem Ende des Geschäftsjahrs für diesen Zeitpunkt kündigen. Diese Regelung gilt nach § 161 Abs. 2 HGB auch für die KG (Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, § 135 Rn 2)

Keine Geltendmachung der Rechte des Gesellschafters

Solange die Gesellschaft fortbesteht, d.h. der Gläubiger diese nicht gekündigt hat, kann er die sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ergebenden Rechte des Gesellschafters, mit Ausnahme des Anspruchs auf einen Gewinnanteil, nicht geltend machen, § 725 Abs. 2 BGB. Das sagt aber nur aus, dass der Gläubiger die Stimmrechte nicht ausüben darf. Die Regelung besagt nach ihrem Wortlaut aber nicht, dass der Schuldner weiterhin die Rechte als Gesellschafter ausüben kann.

Verwaltungs- und Auskunftsrechte verbleiben beim Schuldner

Nach der ganz überwiegenden Meinung stehen dem Schuldner – jedenfalls bis zur Kündigung – die Verwaltungs- und Auskunftsrechte in Form der Stimm-, Rechnungslegungs-, Widerspruchs- und Kontrollrechte weiter zu (BayObLG NJW-RR 1991, 361; Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl. 2019, § 859 Rn 4; Riedel, BeckOK-ZPO, 34. Edition v. 1.9.2019, § 859 Rn 8). Das wird aus dem Umkehrschluss zu § 725 Abs. 2 BGB hergeleitet, dass der Gläubiger sie nicht ausüben darf. Auch aus der Nichtübertragbarkeit der Gesellschafterrechte nach § 717 BGB lässt sich dieses Ergebnis begründen (MüKo-BGB/Schäfer, BGB, 7. Aufl. 2017, § 725 Rn 11; Proff zu Irnich, in BeckOK-BGB, 52. Edition v. 1.10.2019, § 725 Rn 18).

 

Hinweis

Das begründet allerdings die Gefahr, dass d...

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