Mehrere PfÜB begründen gleichzeitige Zustellung

Nicht selten wird eine Vermögensauskunft für mehrere Gläubiger gleichzeitig abgegeben, so dass den Gläubigern auch der Arbeitgeber des Schuldners zeitgleich bekannt wird. Erkennbar wird dies daran, dass die Vermögensauskunft mehrere DR-Aktenzeichen des Gerichtsvollziehers trägt. Aber natürlich kann die Information auch über andere Informationsmedien gleichzeitig an mehrere Gläubiger in engem zeitlichen Zusammenhang gelangen.

 

Hinweis

Wegen des Prioritätsgrundsatzes in § 804 Abs. 3 ZPO heißt Zwangsvollstreckung auch Geschwindigkeit. Informationen über zugriffsfähige Gegenstände oder Rechte müssen unmittelbar und ohne jedes zeitliche Zögern umgesetzt werden, wenn nicht das Risiko begründet werden soll, dass ein anderer Gläubiger vorrangig pfändet oder die Pfändung – wie hier – gleichzeitig erfolgt.

Die Folge der gleichzeitigen Informationserlangung liegt auf der Hand: Es wird gleichzeitig der PfÜB beantragt, erlassen und an den Gerichtsvollzieher übermittelt.

 

Hinweis

Einen Vorteil kann sich möglicherweise verschaffen, wer sehr schnell die Möglichkeiten des elektronischen Rechtsverkehrs nach § 829a ZPO nutzen kann. Während der PfÜB-Antrag des einen Gläubigers so in Stunden beim Vollstreckungsgericht sein kann, nimmt der postalische Antrag des anderen Gläubigers vielleicht ein paar Tage in Anspruch. Dann wird der PfÜB vielleicht früher erlassen und an den Gerichtsvollzieher übermittelt. Der Gerichtsvollzieher führt die Zustellung nach § 53 Abs. 3 Nr. 1 der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung (GVGA) innerhalb von drei Tagen nach dem Empfang des Auftrags, möglichst jedoch schon am darauffolgenden Tag aus, wenn an seinem Amtssitz oder unter seiner Vermittlung durch die Post zuzustellen ist. Eine schnelle Zustellung kann dann den Rangvorteil begründen.

Die gleichzeitige Zustellung hat § 121 Abs. 1 S. 5 GVGA zur Grundlage. Ist der Gerichtsvollzieher mit der Zustellung mehrerer Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse an denselben Drittschuldner beauftragt, so stellt er sie danach alle in dem gleichen Zeitpunkt zu.

Zustellungsurkunde und Drittschuldnererklärung geben Auskunft

Der Gerichtsvollzieher hat nach § 121 Abs. 1 S. 5 GVGA in den einzelnen Zustellungsurkunden zu vermerken, welche Beschlüsse er gleichzeitig zugestellt hat. Hieraus ersehen die Gläubiger also wechselseitig, dass sie sich in der beschriebenen Situation befinden.

 

Hinweis

Dabei ist immer zu prüfen, ob die Beschlüsse nicht nur am gleichen Tag, sondern auch zur gleichen Uhrzeit, die auf der Zustellungsurkunde nach § 121 Abs. 1 S. 3 GVGA zu vermerken ist, zugestellt wurden. Erfolgte die Zustellung zu unterschiedlichen Uhrzeiten, liegt keine gleichzeitige Zustellung vor und es gilt der Prioritätsgrundsatz nach § 804 Abs. 3 ZPO: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

Eine entsprechende Information ergibt sich aus der Drittschuldnerauskunft. Nach § 840 Abs. 1 Nr. 3 ZPO muss der Drittschuldner auf Verlangen des Gläubigers binnen zwei Wochen nach der Pfändung mitteilen, ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet wurde.

Verhältnismäßige Verteilung heißt nicht nach Köpfen

Gleichzeitige Pfändungen begründen gleichrangige Pfandrechte; der Erlös wird im Verhältnis der Forderungen verteilt, was sich aus dem Gleichrang der gleichzeitig bewirkten Pfändungen nach § 804 Abs. 3 ZPO ergibt (Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 804 Rn 5; Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rn 780; Hk-ZV/Kindl, § 804 Rn 13; Fleck, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK-ZPO, Stand 15.9.2018, § 804 Rn 17; Depre/Bachmann, Das 1x1 der Lohnpfändung, 10. Aufl. 2017).

Es lohnt sich nachzufragen

Das führt im konkreten Beispiel des Lesers zu folgender Berechnung:

An den gesamten Vollstreckungsforderungen von 6.678,77 EUR (4.554,65 EUR + 2.124,12 EUR) hat Gläubiger A einen Anteil von 68,20 % und Gläubiger B einen solchen von 31,80 %. In diesem Verhältnis ist der pfändbare Betrag von 382,34 EUR aufzuteilen.

Deshalb erhält A 68,20 % von 382,34 EUR = 260,76 EUR, während B die restlichen 31,80 % von 382,34 EUR = 121,58 EUR erhält. Unser Leser erhält für seinen Mandanten also einen um 69,59 EUR (260,76 EUR – 191,17 EUR) höheren Anteil am pfändbaren Arbeitslohn. Und das Monat für Monat. Ist die Forderung von 4.554,56 EUR bei einem Anteil von 191,17 EUR erst nach 24 Monaten getilgt, reduziert sich die Realisierungszeit bei dem höheren pfändbaren Anteil um ein halbes Jahr auf 18 Monate.

Drittschuldner trägt das Risiko der Verteilung

Grundsätzlich obliegt es dem Arbeitgeber, den Vollstreckungserlös zwischen den Gläubigern zu verteilen. Damit steht er aber zugleich in der Gefahr, mehrfach leisten zu müssen, wenn er die Verteilung unzutreffend vornimmt. Der Arbeitgeber sollte also zunächst und sehr zeitnah auf die zutreffende Verteilung hingewiesen werden. Für den beanstandeten Monat ist er dabei gezwungen, den Mehrbetrag (im Beispiel 69,59 EUR) zu zahlen.

Reagiert der Drittschuldner hierauf nicht im gewünschten Sinn, müsste der Gläubiger A die Einziehungsklage g...

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