BGH sieht Erfolg des Anspruchsstellers

Die Revision des Klägers hat überwiegend Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das OLG hat rechtsfehlerhaft die Verjährung der vom Kläger verfolgten Ansprüche mit der Begründung angenommen, dass die Zustellung des Mahnbescheids an die Beklagte keine verjährungshemmende Wirkung hatte. Das angegriffene Urteil erweist sich aber im Ergebnis als richtig, soweit das Berufungsgericht die Klage in Höhe eines Teilbetrags von 2.235,52 EUR abgewiesen hat.

5-jährige Verjährungsfrist bei Geschäftsführerhaftung

Das OLG hat zutreffend angenommen, dass die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche gem. § 64 S. 4, § 43 Abs. 4 GmbHG in einer Frist von fünf Jahren verjähren, diese Frist mit der jeweiligen masseschmälernden Zahlung beginnt und bei wiederholten verbotswidrigen Zahlungen jede Handlung eine neue Verjährungsfrist in Lauf setzt (vgl. BGH ZIP 2009, 956; BGH ZIP 2012, 867; BGH ZIP 2016, 821).

Keine zu hohen Anforderungen an Anspruchsindividualisierung

Rechtsfehlerhaft ist das OLG davon ausgegangen, dass der Kläger die im Schreiben vom 4.3.2013 geltend gemachten Ansprüche nicht hinreichend individualisiert hat. Die Zustellung des Mahnbescheids vom 11.9.2013 an die Beklagte konnte gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3, § 209 BGB die Hemmung der Verjährung etwaiger Erstattungsansprüche gem. § 64 S. 1 GmbHG in Höhe von 224.880,93 EUR bewirken.

Der Mahnantrag und der auf seiner Grundlage ergangene Mahnbescheid müssen den geltend gemachten prozessualen Anspruch nach § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO individualisieren, d.h. den Anspruch unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung bezeichnen. Fehlt es hieran, tritt keine Hemmung der Verjährung durch den antragsgemäß erlassenen Mahnbescheid ein. Die Individualisierung kann auch nicht mehr verjährungshemmend nachgeholt werden. Der Regelung des § 204 BGB liegt das Prinzip zugrunde, dass die Verjährung durch eine aktive Rechtsverfolgung des Gläubigers gehemmt wird, die einen auf die Durchsetzung seines Anspruchs gerichteten Willen für den Schuldner erkennbar macht; der Gläubiger muss dem Schuldner seinen Rechtsverfolgungswillen so klar machen, dass dieser sich darauf einrichten muss, auch nach Ablauf der (ursprünglichen) Verjährungszeit in Anspruch genommen zu werden. Entscheidend ist mithin, ob die konkrete Maßnahme der Rechtsverfolgung die geforderte Warnfunktion erfüllt. Der Anspruchsgegner muss erkennen können, "worum es geht" (BGHZ 206, 41; BGH NJW 2016, 1083).

Wesentlich: Unterscheidbarkeit und Abgrenzbarkeit

Ein im Mahnverfahren geltend gemachter Anspruch ist dann im Sinne von § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hinreichend individualisiert, wenn er durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden kann, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann und dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will. Wann diese Anforderungen erfüllt sind, kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden; vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab (BGHZ 206, 41; BGH NJW 2016, 1083).

Zusammensetzung von mehreren Ansprüchen …

Wenn mehrere Einzelansprüche und nicht nur unselbstständige Rechnungsposten eines einheitlichen Schadens geltend gemacht werden, gehört es zur notwendigen Individualisierung des Anspruchs, dass die Zusammensetzung des geltend gemachten Betrags bereits aus dem Mahnbescheid erkennbar ist (BGH NJW 2013, 3509; BGH NJW 2016, 1083).

… muss nur für den Antragsteller nachvollziehbar sein

Voraussetzung für die verjährungshemmende Wirkung ist allerdings nicht, dass aus dem Mahnbescheid für einen außenstehenden Dritten ersichtlich ist, welche konkreten Ansprüche mit dem Mahnbescheid geltend gemacht werden; es reicht aus, dass dies für den Antragsgegner erkennbar ist. Im Mahnbescheid kann zur Bezeichnung des geltend gemachten Anspruchs auch auf Rechnungen oder andere (vorprozessuale) Urkunden Bezug genommen werden. Diese sind jedenfalls dann zur Individualisierung des Anspruchs geeignet, wenn sie dem Mahnbescheid in Abschrift beigefügt werden oder dem Gegner bereits zugegangen sind (BGH NJW 2016, 1083). Entsprechend kommt es bei einer Falschbezeichnung im Mahnbescheid, auch bei einer fehlerhaften Bezifferung des geltend gemachten Betrags, für die Individualisierung des Anspruchs auf den für den Antragsgegner erkennbar gewordenen Rechtsverfolgungswillen an (vgl. BGH NJW-RR 2010, 1455).

Im konkreten Fall sind die Voraussetzungen erfüllt

Diesen Anforderungen an die Individualisierung genügt der Mahnbescheid. Der Kläger verfolgt mehrere selbstständige Ansprüche und nicht nur unselbstständige Rechnungsposten eines einheitlichen Anspruchs. Der Anspruch aus § 64 S. 1 GmbHG entsteht jeweils mit der die Masse schmälernden Zahlung (BGH ZIP 2009, 956). In dem mit ihr verbun...

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