Die Änderungen durch die neue Rangklasse 2 des § 10 ZVG

I. Der Rang von Wohngeldansprüchen in der Immobiliarvollstreckung

In FoVo 2008, 8 ff. haben wir über den neuen Vorrang von Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaften in der Immobiliarvollstreckung nach der WEG-Reform berichtet. Mit dem nachfolgenden Beitrag wollen wir die vielen Leseranfragen beantworten, die uns zu diesem Thema erreicht haben – insbesondere auch die Zwangsverwaltung betreffend.

Während sich die Änderung des WEG zum begrenzten Vorrecht von Forderungen der Eigentümergemeinschaften in der Zwangsversteigerung positiv auswirkt, bringt sie in der Zwangsverwaltung keine besonderen Vorteile, sondern wirkt sich für den Gläubiger eher nachteilig aus. Dies gilt es zu verhindern.

II. Welche Ansprüche sind bevorrechtigt?

Umfang des Vorrechts

In der Zwangsverwaltung besteht das Vorrecht wie bei der Zwangsversteigerung für alle fälligen Ansprüche gegen den Schuldner, die aus einem Wirtschaftsplan, einer Jahresabrechung oder einer Sonderumlage herrühren (§§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 2 und 5 WEG). Bedingung ist, dass die Ansprüche aus der von der Vollstreckungsmaßnahme betroffenen Wohnung stammen. Forderungen der Gemeinschaft gegen den Eigentümer, die aus anderen Wohnungs- oder Teileigentumsrechten entstanden sind, genießen das Vorrecht nicht. Dabei sind die in FoVo 2008, 8, 10 beschriebenen Beschränkungen zu beachten.

III. Zusätzliche Beschränkung des Vorrechts in der Zwangsverwaltung

Grenzen des Vorrechts

In der Zwangsverwaltung wird das Vorrecht in zeitlicher Hinsicht dadurch weiter eingeschränkt, dass hier im Gegensatz zur Zwangsversteigerung in den Rangklassen 2 bis 4 nur Zahlungen auf laufend wiederkehrende Ansprüche erfolgen. "Laufend" im Sinne der gesetzlichen Regelung sind nur die Wohngelder, die seit der letzten Fälligkeit vor dem Beschlagnahmetag angefallen sind und im laufenden Verfahren noch anfallen.

 
Praxis-Beispiel

S zahlt sein Wohngeld seit November 2007 nicht mehr. Die Titulierung erfolgte im Mai 2008. Am 15.7.2008 beantragt die WEG die Zwangsverwaltung. In diesem Fall werden aus Erträgen der Zwangsverwaltung in der Rangklasse 2 Zahlungen nur auf die fehlenden Wohngelder für Juli 2008 und die Folgemonate geleistet. Die rückständigen Wohngeldraten für November 2007 bis Juni 2008 sind dagegen erst in der Rangklasse 5 zu befriedigen. Die Zwangsverwaltung muss deshalb so früh wie möglich beantragt werden.

Keine Höchstbetragsgrenze

Die Einschränkung des Vorrangs auf einen Maximalbetrag (Kosten, Zinsen und Hauptforderung) von insgesamt bis zu 5 % des Verkehrswerts gilt in der Zwangsverwaltung nicht. Sie wäre auch nicht praktikabel, da in allen Fällen, in denen nicht parallel ein Zwangsversteigerungsverfahren läuft, erst ein Verkehrswert festgestellt werden müsste. Eine Verkehrswertermittlung ist aber in einem Zwangsverwaltungsverfahren weder notwendig noch vorgesehen.

Außerdem wäre der WEG die Begrenzung in den Verfahren nicht zumutbar, die über einen langen Zeitraum laufen. Die Anwendung der Regelung würde nämlich dazu führen, dass der Zwangsverwalter zunächst Wohngelder bezahlen würde, nach Erreichen eines bestimmten Betrags die Zahlung auf die laufenden Wohngeldforderungen einstellen müsste, obwohl er wirtschaftlich zur Leistung imstande wäre.

Für welche Zwangsverwaltungen gilt die Neuregelung?

Nach der Übergangsvorschrift § 62 WEG ist die Neuregelung nicht auf ZVG-Verfahren anzuwenden, die am 1.7.2007 bereits anhängig waren. In Zwangsverwaltungsverfahren ist für den Stichtag auf den Erlass des Anordnungsbeschlusses abzustellen (BGH Rpfleger 2008, 321). Demnach unterliegen der Neuregelung nur Verfahren, in denen der Anordnungsbeschluss am 2.7.2008 oder später verfügt wurde.

IV. Verteilung der Zwangsverwaltungsmasse

In der Zwangsverwaltung werden die Einnahmen im Wesentlichen aus Vermietung und Verpachtung erzielt.

Wie werden die Einnahmen verteilt?

Diese Zwangsverwaltungsmasse ist nur für

Ausgaben der Verwaltung,
Kosten des Verfahrens,
Befriedigung der Berechtigten der Rangklassen 1–5

zu verwenden (§ 155 bis 160 ZVG).

Die Rangklassen 1a sowie 6 bis 9 gibt es in der Zwangsverwaltung nicht.

Das Gesetz unterscheidet zwischen Zahlungen, die der Zwangverwalter ohne weiteres leisten kann, und solchen, die nur nach Anweisung des Vollstreckungsgerichts erfolgen dürfen.

1. Verwaltungsausgaben

"Verwaltungsausgaben" werden sofort gezahlt?

Die Ausgaben der Verwaltung und die Verfahrenskosten stehen außerhalb der Rangordnung des § 10 ZVG und werden vom Zwangsverwalter ohne gerichtliche Anordnung beglichen.

Zu den Verwaltungskosten gehören

Kosten für die Instandhaltung des Objekts,
Versicherungsprämien,
Kosten für Bedienstete,
Vergütung des Zwangsverwalters,
Gerichtskosten für die Durchführung des Verfahrens,
alle Hausgebühren wie Müllabfuhr-, Kanal-, Straßenreinigungs- und Wassergebühren.

2. Zahlungen auf Gläubigeransprüche

Vollstreckungsforderungen werden nur mit Teilungsplan bezahlt

Die nach Abzug der Verwaltungsausgaben verbleibenden Einnahmen werden im Gesetz als Überschüsse bezeichnet (§ 155 Abs. 2 ZVG). Sie stehen zur Begleichung der laufenden Zinsansprüche von Grundschulden und Hypotheken sowie anderer Gläubigeransprüche zur Verfügung. Zahlungen an diese Berechtigten kann der Verwalter erst nach der Aufstellung eines T...

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