Leitsatz

Fotografieren des Saunabereichs einer Dachterrasse verletzt das Persönlichkeitsrecht des betreffenden Wohnungseigentümers

 

Normenkette

§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG; §§ 823 Abs. 1 und 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB; Art. 1 und 2 GG

 

Kommentar

  1. Das Fotografieren einer im Sondereigentum stehenden und kaum einsehbaren Dachterrasse einer Penthousewohnung verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Eigentümers, soweit auf den Fotos der zur Wohnung gehörende Saunabereich mit abgebildet wird. Die Ablichtung eines der Privat- und Intimsphäre in besonderem Maße gewidmeten Raums ist i.d.R. unzulässig. Eine derartige Fotografie lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, diese auf einer Eigentümerversammlung zur Dokumentation des statischen Zustands und der Belastbarkeit von Balkonen und Terrassen zu veröffentlichen, da insoweit eine Ablichtung der Sauna nicht erforderlich ist.
  2. Aus diesem Grund wurde der Unterlassungsanspruch gegen den beklagten Miteigentümer als unmittelbaren Handlungsstörer, der die Fotografien für die Verwaltung gefertigt hatte, als begründet angesehen. Er musste im Wege der Folgenbeseitigung die unzulässig gefertigten Fotos und Negative herausgeben (vgl. zum "Ausspähen" und zum Eingriff in die Privatsphäre eines Eigentümers unter Überwindung bestehender Hindernisse auch BGH, NJW 2004, S. 762 und KG, NJW-RR 2000, S. 1714).

    Durch das gezielte und zudem teilweise auf den Saunabereich fokussierte Ablichten des Wohnbereichs der Klägerin vom Dach des Hauses aus wurde vorliegend ein Einblick in einen Bereich gewonnen, der üblicherweise von der Einsichtnahme durch Dritte ausgeschlossen ist. Ein solcher Eingriff kann auch nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden, die Fotografien seien von einem allgemein zugänglichen Ort angefertigt worden. Eine solche allgemeine Zugänglichkeit liegt gerade nicht vor, weil das Betreten des Dachs nicht jedermann möglich ist.

    Vorliegend sollte es insbesondere um Aufnahmen der Blumenkübel und der übrigen Bepflanzung im Dachbereich gehen. Dadurch sollte nach der Stellungnahme eines Gutachters die Frage der statischen Belastung und auch der Art und des Ausmaßes der Dachbepflanzung in der anstehenden Eigentümerversammlung beurteilt werden können. Dabei war unbestritten, dass Dachterrassen sanierungsbedürftig und nur zu einem gewissen Grad belastbar seien. Auch durften Eigentümer nach §§ 14 Nr. 1 und 15 Abs. 2 WEG entscheiden, in welcher Weise Pflanzbeete auf einer im Sondereigentum stehenden Dachterrasse angelegt werden dürfen, um der Gefahr von Schäden für darunterliegendes gemeinschaftliches Eigentum begegnen zu können. Kommerzielle Aspekte durch Vermarktung der Fotografien gab es also vorliegend nicht.

    Es war auch nur von einem begrenzten Personenkreis auszugehen, dem die streitgegenständlichen Fotos gezeigt werden sollten. Somit war die vorliegende Situation nicht mit den höchstrichterlich entschiedenen Fällen vergleichbar, Außenaufnahmen von Wohnhäusern Prominenter einem unüberschaubaren Publikum zugänglich zu machen. Ebenso war von keiner gezielt anprangernden Wirkung durch die in der Eigentümerversammlung gezeigten Bilder zu sprechen.

    Dennoch war das Anfertigen und Veröffentlichen der Fotos mit abgebildetem Saunabereich der Klägerin als Eingriff in deren Privat- und Intimsphäre unzulässig. Denn je enger durch die Aufnahme von Gegenständen ein Zusammenhang mit dem persönlichen Umfeld des Besitzers oder Eigentümers hergestellt wird, umso eher erscheint eine Verletzung dessen Privatsphäre möglich, soweit aus den Gegenständen Rückschlüsse auf seine Persönlichkeit gezogen werden können bzw. persönliche Lebensumstände offenbart werden. Das Instandhaltungs- bzw. Beweissicherungsinteresse an dem statischen Zustand der Dachterrasse kam insoweit in vorliegendem Fall kaum zur Geltung, da die Ablichtung nicht auf die nach Gutachtensbeurteilung maßgeblichen Pflanzkübel beschränkt war. Fototechnisch wäre es durchaus möglich gewesen, den für die statische Belastung maßgeblichen Bildausschnitt bei Anfertigung der Fotografien entsprechend zu fokussieren.

Anmerkung

Sollte sich nach dem nur lückenhaft veröffentlichten Sachverhalt tatsächlich auf der besagten Terrassenfläche ein Saunahäuschen mit entsprechendem Ofen befunden haben (soweit sichtbar als evtl. nachträgliche, nachteilige bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums!), kann diese Einrichtung m.E. auch in statischer Hinsicht und bei Prüfung einer Terrassenunterkonstruktion u.U. eine gewisse Bedeutung besitzen. Überdies können hinsichtlich erforderlicher Terrassensanierungen Folgefragen eines Abbruchs und/oder einer Neuerrichtung auch unter Beachtung der Grundsätze des § 14 Nr. 4 WEG aufgeworfen werden. Solange aus meiner Sicht nicht bewusst – insbesondere nackte – Eigentümer oder Eigentümerinnen ohne Not "mitfotografiert" werden, erkenne ich jedenfalls in der Veröffentlichung solcher Terrassenfotos ausschließlich in einer nicht öffentlichen Eigentümerversammlung bei sanierungsbedürftigem gemeinschaftlichen Terrasseneigentum noch keine na...

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