Leitsatz

Wird ein auf längere Zeit als ein Jahr geschlossener Mietvertrag über ein Grundstück vorzeitig fristlos gekündigt, einigen sich die Vertragspartner später auf eine Fortsetzung des Mietverhältnisses, dann liegt darin der Abschluß eines neuen Mietvertrages. Soll dieser für längere Zeit als ein Jahr gelten, unterliegt er dem Schriftformerfordernis des § 566 BGB (im Anschluß an BGZH, Urteil vom 30. März 1974 - VIII ZR 31/73 = NJW 1974, 1081).

 

Sachverhalt

Der Vermieter hatte den auf zehn Jahre befristeten Mietvertrag zum Betrieb eines Restaurants nach zwei Jahren fristlos gekündigt, nachdem der Mieter mit zwei Monatsmieten in Verzug geraten war. Laut Mietvertrag kann der Vermieter fristlos kündigen, wenn der Mieter mit mehr als einer Rate in Verzug kommt. Die Parteien einigten sich aber mündlich darauf, daß der Mietvertrag weiterbestehen sollte. Drei Jahre später kündigte der Vermieter den "mündlich nach BGB abgeschlossenen Nachfolgevertrag" des von ihm "rechtskräftig gekündigten Vertrags … fristgemäß zum …". Der Mieter hält diese Kündigung wegen der vereinbarten Fortsetzung des Mietverhältnisses für unwirksam.

 

Entscheidung

Der Vermieter kann die Räumung verlangen. Das zunächst befristete Mietverhältnis war bereits durch die fristlose Kündigung beendet worden. Der Mieter war mit zwei Monatsmieten in Verzug gewesen. Der Vermieter konnte daher - der vertraglichen Vereinbarung entsprechend - fristlos kündigen. Die Vereinbarung, dem Mieter die Gaststättenräume weiter zu vermieten, kann nicht als Widerruf der Kündigung oder als deren Zurücknahme gewertet werden. Der alte Vertrag konnte nicht wieder aufleben. Es wurde vielmehr ein neuer Vertrag geschlossen, der keine Vereinbarung hinsichtlich der Vertragsdauer enthielt. Werden keine besonderen inhaltlichen Vereinbarungen getroffen, kommt der Vertrag zwar zu den Bedingungen des früheren gekündigten Vertragsverhältnisses zustande. Befristete Mietverträge, die länger als ein Jahr dauern sollen, müssen aber ausnahmslos schriftlich abgeschlossen werden (§ 566 Satz 1 BGB). Da der neue Mietvertrag die Schriftform nicht einhält, gilt er als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 566 Satz 2 BGB). Damit konnte er unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen ordentlich gekündigt werden.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 24.06.1998, XII ZR 195/96

Fazit:

Wenn die Parteien die Rechtsfolgen einer wirksamen Kündigung aufheben wollen, müssen sie sich darüber einigen, bevor die Kündigung wirksam wird. Der gekündigte Vertrag bleibt dann zu den bisherigen Bedingungen in Kraft. Eine neue Urkunde muß nicht erstellt werden. Ist ein Vertrag einmal wirksam gekündigt, ist er beendet. Die Kündigung kann weder einseitig widerrufen noch zurückgenommen werden (§ 130 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der aufgelöste Vertrag kann auch nicht mehr aufleben. Einigen sich die Parteien erst nach der wirksamen Kündigung über eine "Rücknahme" der Kündigungswirkungen, wird das frühere Vertragsverhältnis nicht fortgesetzt, da es nicht mehr besteht. Die Einigung über die Fortsetzung des Mietverhältnisses führt dann zur Begründung eines neuen Mietverhältnisses, in der Regel mit dem Inhalt des früheren.

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