Grundsätzlich haben die Wohnungseigentümer auch die Kompetenz zur Beschlussfassung über eine langjährige Kreditaufnahme.[1] Die Kreditaufnahme kann nicht nur bei Erhaltungsmaßnahmen infrage kommen, sondern auch bei Maßnahmen der modernisierenden Erhaltung oder auch energetischen Modernisierung als baulicher Veränderung.[2] Angesichts des weit gefassten Modernisierungsbegriffs[3] ist allerdings die Maßnahme als solche in den Blick zu nehmen: Je notwendiger sie ist, um die Wohnanlage auf einen zeitgemäßen Standard zu heben, desto eher wird eine Darlehensaufnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen.

Ob eine langfristige Kreditaufnahme im Übrigen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, richtet sich stets nach den Maßgaben des konkreten Einzelfalls. Allerdings müssen die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sein, ansonsten entspricht ein derartiger Beschluss nicht ohne weiteres ordnungsmäßiger Verwaltung, allerdings kann er in Ermangelung einer Anfechtungsklage bestandskräftig werden:

  • Der Finanzbedarf muss geklärt sein.
  • Die Rahmenbedingungen der Kreditaufnahme müssen geklärt und im Beschluss dokumentiert sein, nämlich

    • Darlehenshöhe,
    • Laufzeit,
    • Zinssatz,
    • Notwendigkeit einer Anschlussfinanzierung.
  • Es muss klargestellt sein, wie Selbstzahler berücksichtigt werden sollen.
  • Eine Haftungsfreistellung einzelner Wohnungseigentümer im Außenverhältnis kann nicht beschlossen werden. Hier muss die Kreditbank eindeutig zustimmen.
  • Die potenzielle Nachschusspflicht im Innenverhältnis muss vor der Beschlussfassung erörtert worden und in der Versammlungsniederschrift protokolliert sein.[4]

Finanzbedarf muss geklärt sein

In aller Regel erfolgt eine langfristige Kreditaufnahme im Zuge der Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen, also der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums oder auch dessen baulicher Veränderung im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen. Unerheblich, welchem Zweck eine Darlehensaufnahme dienen soll, muss selbstverständlich im Vorfeld der Beschlussfassung über die Kreditaufnahme der tatsächliche Finanzbedarf geklärt sein. Wie im Übrigen bei Erhaltungsmaßnahmen, muss nicht nur der Erhaltungsumfang geklärt sein, vielmehr müssen auch aufgrund etwa eines Leistungsverzeichnisses mehrere Vergleichsangebote vorliegen, die tatsächlich auch vergleichbar sind.[5] Es müssen jedenfalls die Kosten der zu finanzierenden Maßnahme nebst ggf. weiteren Kosten für Sonderfachleute wie Architekten oder Ingenieure feststehen.

Rahmenbedingungen der Kreditaufnahme

Erforderlich ist weiter die Klärung und Festlegung der wesentlichen Rahmenbedingungen der Kreditaufnahme. Der Beschluss muss insoweit Angaben über die zu finanzierende Maßnahme, die Höhe des Darlehens, dessen Laufzeit, die Höhe des Zinssatzes bzw. des nicht zu überschreitenden Zinssatzes enthalten und erkennen lassen, ob die Tilgungsraten so angelegt sind, dass der Kredit am Ende der Laufzeit getilgt ist, oder ob eine Anschlussfinanzierung erforderlich ist.

Wie ist mit "Selbstzahlern" umzugehen?

Nicht jeder Wohnungseigentümer ist an einer langfristigen Kreditaufnahme interessiert. Finanzstarke Wohnungseigentümer sind insoweit in der Praxis bestrebt, bestenfalls mit der Kreditaufnahme gar nichts zu tun zu haben. Ohne dass diese Wohnungseigentümer einen Anspruch hierauf hätten, kann ihnen aber die Möglichkeit gegeben werden, den auf sie entfallenden Anteil der zu finanzierenden Kosten vorab zu zahlen. Dies hat freilich auch den Vorteil, dass der Kredit in entsprechend verminderter Höhe aufgenommen werden kann. Allerdings muss insoweit vor dem Beschluss über die Kreditaufnahme geklärt sein, wer in welcher Höhe vorab "selbst" zahlt.

 

Haftungsfreistellung kann nicht beschlossen werden

Wie nachfolgend dargestellt, ist jeder Wohnungseigentümer dem Haftungsrisiko des § 9a Abs. 4 WEG ausgesetzt, wenn die Kreditraten nicht (in voller Höhe) zurückgeführt werden können. Insbesondere "Selbstzahler" haben größtes Interesse daran, von vornherein von einer möglichen Haftung freigestellt zu werden. Mangels Beschlusskompetenz kann aber eine derartige Haftungsfreistellung nicht beschlossen werden. Eine solche bedarf vielmehr ausdrücklicher Zustimmung der Kreditbank.[6]

Protokollierter Haftungshinweis

Von wesentlicher Bedeutung ist, dass die Wohnungseigentümer im Vorfeld der Beschlussfassung über die Kreditaufnahme über die hiermit für sie verbundenen Risiken aufgeklärt werden. Entscheidend ist insoweit, dass als Vertragspartnerin des Kreditinstituts die Wohnungseigentümergemeinschaft fungiert. Insoweit droht den einzelnen Wohnungseigentümern das Risiko der unmittelbaren Teilhaftung nach § 9a Abs. 4 WEG, wenn die Kreditraten etwa wegen Zahlungsausfällen einzelner Wohnungseigentümer nicht zurückgeführt werden können. Jedenfalls haftet im (Außen-)Verhältnis zur kreditgewährenden Bank jeder einzelne Wohnungseigentümer gemäß § 9a Abs. 4 WEG zwar nur nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils. Im Innenverhältnis zur Wohnungseigentümergemeinschaft droht dagegen eine Nachschusspflicht bei Zahlun...

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