Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage des Vorsteuerabzugs aus Rechnungen bei fehlender Adressierung an den Leistungsempfänger

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Rechnung, die zum Vorsteuerabzug berechtigen soll, muss Namen und Anschrift des Leistungsempfängers enthalten und zwar nach ständiger BFH-Rechtsprechung in der Form, dass eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des Leistungsempfängers möglich ist. Bei abweichenden Firmennamen bzw. unvollständigen Angaben müssen sich der Name und die Anschrift des Leistungsempfängers eindeutig, beispielsweise aus anderen Unterlagen feststellen lassen können.

2. Geht aus einer "berichtigten" Rechnung ein anderer - neuer - Leistungsempfänger hervor, handelt es sich dabei nicht nur um eine Rechnungsergänzung, sondern um eine weitere Rechnung.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 4 Nr. 1

 

Tatbestand

I.

Streitig ist der Vorsteuerabzug aus Rechnungen, die nicht an den Leistungsempfänger adressiert sind.

Die Antragstellerin (Astin.) ist eine GmbH, an der jeweils hälftig Frau L. C., A-Str. 121, 00000 T., und Herr J. C. aus S. beteiligt waren. Die Astin. erbringt „sonstige Dienstleistungen des Sports”. Die Gesellschafterin Frau L. C. ist mit der Verpachtung von Reithalle und -ställen Unternehmerin.

Die Astin. gab für die Streitjahre 2007 bis 2009 jeweils nicht zustimmungsbedürftige Umsatzsteuer(USt)-Erklärungen ab.

In 2009 wurde bei der Astin. eine Betriebsprüfung (Bp) durchgeführt, die sich auch auf die USt der Streitjahre bezog. In Tz. 2.5 des Bp-Berichts vom 18.12.2012 stellte die Prüferin fest, dass die Astin. Vorsteuern in Höhe von insgesamt 5.497,71 EUR für 2007, 5.798,79 EUR für 2008 und 3.727,92 EUR für 2009 aus Rechnungen geltend gemacht habe, in denen laut Adressfeld Frau L. C. als Leistungsempfängerin bezeichnet gewesen sei. Der Vorsteuerabzug sei daher zu versagen.

Mit Änderungsbescheiden vom 18.03.2013 setzte der Antragsgegner (Ag.) die USt 2007 bis 2009 entsprechend der Feststellungen der Bp fest. Zugleich setzte er Zinsen zur USt fest, für 2007 in Höhe von 1.280,00 EUR, für 2008 in Höhe von 1.015,00 EUR und für 2009 in Höhe von 431,00 EUR.

Gegen diese USt-Festsetzungen und Zinsfestsetzungen legte die Astin. Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Mit Schreiben vom 08.04.2013, auf das wegen der Begründung Bezug genommen wird, lehnte der Ag. die Aussetzung der Vollziehung ab.

Das Einspruchsverfahren ruhte bislang im Hinblick auf das beim BFH anhängige Verfahren unter dem Aktenzeichen XI R 41/10. Der BFH hat in dieser Sache mit Urteil vom 19. Juni 2013 nunmehr entschieden.

Mit Schreiben vom 17. Juni 2013 beantragt die Astin. die Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht.

Sie macht geltend, dass der Ag. den Vorsteuerabzug zu Unrecht versagt habe. Nach dem EuGH-Urteil vom 15. Juli 2010, Pannon Ge'p Centrum, C-368/09, bleibe der ursprüngliche Vorsteuerabzug erhalten, wenn noch während des Verfahrens eine berichtigte Rechnung vorliege. Sie, die Astin., habe inzwischen berichtigte Rechnungen vorliegen. Der Vorsteuerabzug sei auch in Fällen zu gewähren, in denen nach den Angaben in der Rechnung eindeutig oder leicht nachprüfbar sei, für wen die Leistungen ausgeführt worden seien. Im vorliegenden Fall handele es sich z.B. um Rechnungen des Tierarztes, Hufschmieds und des Heulieferanten. Diese Rechnungen könnten daher nur für sie, die Astin., und nicht für Frau L. C. sein, deren Unternehmen in der Verpachtung von Reithalle und -ställen bestehe.

Die Astin. beantragt,

die USt-Änderungsbescheide 2007 bis 2009 vom 18.03.2013 ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung in Höhe von 3.297,24 EUR (2007), 3.589,84 EUR (2008) und 2.914,04 EUR (2009) sowie die Festsetzungen von Zinsen zur USt 2007 bis 2009 vom 18.03.2013 in Höhe von 1.280,00 EUR (2007), 1.015,00 EUR (2008) und 431,00 EUR (2009) von der Vollziehung auszusetzen.

Der Ag. beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Ag. ist der Auffassung, dass der Vorsteuerabzug aus den in 2013 korrigierten Rechnungen nicht in den Jahren 2007 bis 2009 zu gewähren sei, weil die Rechnungskorrekturen keine Rückwirkung entfalten würden.

Nach den nationalen Regelungen sei der Vorsteuerabzug verwehrt, wenn die Rechnung einen irgendwie gearteten Formfehler enthalte. Werde die Rechnung nach § 31 Abs. 5 UStDV berichtigt, könne der Vorsteuerabzug erst für den Zeitpunkt in Anspruch genommen werden, in dem die Berichtigung erfolgt und diese dem Rechnungsempfänger übermittelt worden sei. Das Vorsteuerabzugsrecht sei für den Erklärungszeitraum auszuüben, in dem die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung bewirkt worden seien und die Astin. die Rechnung oder das Dokument besitze, das nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden könne. Es werde auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (EuGH-Urteil vom 29. April 2004, C-152/02, DStRE 2004, 830; BFH-Urteile vom 1. Juli 2004 V R 33/01, BStBl II 2004, 861; vom 30. April 2009 V R 15/07, BStBl II 2009, 774...

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