Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahme von Bußgeldern als Arbeitslohn

 

Leitsatz (redaktionell)

Übernimmt der Arbeitgeber die Bußgelder der bei ihm angestellten Lkw-Fahrer für die Überschreitung von Lenkzeiten und die Unterschreitung von Ruhezeiten liegt Arbeitslohn vor.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 42d

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.11.2013; Aktenzeichen VI R 36/12)

 

Tatbestand

Es ist strittig, ob es sich bei der Übernahme von Zahlungen von Bußgeldern, die gegen bei der Klägerin beschäftigte Lkw-Fahrer verhängt wurden, um Arbeitslohn handelt.

Die Klägerin betreibt eine internationale Spedition. Bei der Klägerin fand eine Lohnsteueraußenprüfung aufgrund Prüfungsanordnung vom 13.10.2008, für den Prüfungszeitraum der Jahre 01.01.2006 bis 31.10.2008, statt. Dabei wurde festgestellt, dass die Klägerin Bußgelder, die gegen ihre Fahrer wegen Überschreitung von Lenkzeiten und der Nichteinhaltung von Ruhezeiten festgesetzt wurden, für ihre Fahrer zahlte. Hinsichtlich der Höhe dieser Beträge wird auf Tz. 4 des Bp-Berichts über die Lohnsteueraußenprüfung vom 16.01.2009 verwiesen.

Auf Antrag der Klägerin wurden die strittigen Beträge nach § 40 Abs. 1 EStG zu ihren Lasten nach Durchschnittssteuersätzen versteuert.

Der Beklagte erließ am 27. Januar 2009 u.a. wegen der hier strittigen Beträge einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid, gegen den die Klägerin am 26.02.2009 Einspruch einlegte. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 25.02.2010 als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage vom 23.03.2010 trägt die Klägerin vor, die Übernahme der Bußgelder sei aus überwiegend eigenbetrieblichen Interessen erfolgt.

Die Klägerin trägt vor, wesentliche Kunden seien Lebensmittelhersteller und Vertreiber, für die sie Lebensmittel zu Supermärkten transportiert und Zulieferer für die Automobilindustrie. Für die Kunden sei es unabdingbar, dass die Waren zu dem vorgegebenen Zeitpunkt bei den Empfängern einträfen. Würden Lebensmittel nicht mehr eine bestimmte Anzahl von Tagen bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatum aufweisen, lehnten die Lebensmitteldiscounter deren Abnahme ab. Würden Teile für die Automobilindustrie von dem Zulieferer zu spät angeliefert, könnte dies zum Stillstand der gesamten Produktion führen. Aus diesem Grund sei zwischen dem Zulieferer und dem Automobilproduzenten häufig eine Konventionalstrafe vereinbart. Sie, die Klägerin, erhalte deshalb von den beauftragenden Unternehmen eine klare Vorgabe, wann die Ware beim Empfänger eintreffen muss. Auch wenn mit ihren Kunden eine Konventionalstrafe nicht üblich sei, wisse jeder Spediteur und Transporteur, dass Schäden durch die Überschreitung des Liefertermins zu seinen Lasten gingen. Durch diesen Sachverhalt komme es in Ausnahmefällen dazu, dass die Fahrer der Klägerin ihre Lenkzeiten überschreiten. Die Alternative hierzu wäre, den Lkw abzustellen und die Ware erst nach einer längeren Ruhepause weiter zu transportieren. Damit würden die vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Empfänger nicht eingehalten und die vorgenannten Schäden eintreten. Entscheidend für die übernommenen Zahlungen sei, dass die Protokolle nicht erst durch das individuelle Fehlverhalten der betroffenen Fahrer veranlasst worden sind. Vielmehr sei eine betriebliche Entscheidung dahingehend getroffen worden, terminliche Verpflichtungen gegenüber den Kunden im Zweifel auch auf Kosten von Bestimmungen über Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr einzuhalten. Die pünktliche Lieferung der von der Klägerin transportieren Waren könne nicht mehr gewährleistet werden, wenn der Fahrer im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen längere Ruhepausen einlegte und den Warentransport erst anschließend fortsetzte. Die individuelle Entscheidung des einzelnen Fahrers, Verstöße gegen derartige Bestimmungen zu begehen, so wie die Sanktion dieses Verhaltens durch Verhängung von Verwarnungsgeldern stelle sich damit lediglich als Folge der betrieblichen Entscheidung dar und die Übernahme dieser Verwarnungsgelder führe lediglich zum Ausgleich eines finanziellen Nachteils, den die Fahrer alleine im Interesse der Steuerpflichtigen hingenommen hätten. Das individuelle Interesse des einzelnen Arbeitnehmers an Übernahme der Zahlung trete damit in den Hintergrund. Aus diesem Grund sei eine Lohnzuwendung zu verneinen, da bei Gesamtwürdigung aller Begleitumstände der betriebliche Zweck und nicht der Entlohnungscharakter für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft im Vordergrund stehe. Die Zahlungen würden bei der Klägerin auch nicht als Werbungskosten berücksichtigt.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 2010 die Haftungs- und Nachforderungsbescheide über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 27. Januar 2009 insoweit aufzuheben, als diese einen Betrag von 5.274,41 EUR übersteigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung, auf die ergänzend neben dem Bericht über die Lohnsteue...

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