Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerb von Todes wegen; Gewährung des Betriebsvermögensfreibetrages bei freiberuflicher Einzelpraxis

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Das der Ausübung einer freiberuflichen Einzelpraxis dienende BV ist im Wortlaut des § 13a Abs. 4 ErbStG nicht ausdrücklich genannt, gleichwohl ergibt sich jedoch nach h.M., dass die steuerlichen Vergünstigungen des § 13a Abs. 1 u. 2 auch auf das BV einer freiberuflichen Einzelunternehmung zu erstrecken sind.

2) Aus der gesetzlichen Grundkonzeption des § 13a Abs. 4 u. 5 ErbStG ergibt sich, dass die Nachversteuerung gemäß Abs. 5 auf Korrespondenz mit der Begünstigung des Vermögenserwerbs angelegt ist.

 

Normenkette

ErbStG § 13a Abs. 5, 4 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.03.2010; Aktenzeichen II R 3/09)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem minderjährigen Kläger wegen des Erwerbs von Todes wegen einer zum Nachlass seines Vaters gehörenden Arztpraxis der Betriebsvermögensfreibetrag und der Bewertungsabschlag gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zu gewähren bzw. zu belassen sind, obwohl diese Praxis nach Ausschreibung des Vertragsarztsitzes durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) … wenige Monate nach dem Tod seines Vaters veräußert worden ist.

Der am … 2000 geborene Kläger ist gesetzlicher Alleinerbe seines am … 2006 gleichzeitig mit seiner Mutter und seinem Bruder verstorbenen Vaters (Erblasser). Zu seinen – des Klägers – Vormündern wurden zunächst ausweislich der Bestallungsurkunde des Amtsgerichts der Stadt C vom … 2006 für den Wirkungskreis der Personensorge Frau U und für den Bereich der Vermögenssorge Frau Steuerberaterin S bestellt. Mittlerweile ist Frau U als alleiniger Vormund für beide Wirkungskreise zuständig.

Der Erblasser war bis zu seinem Tod in der Stadt F als Facharzt für … hausärztlich tätig. Für diese Arztgruppe hatte der zuständige Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen der KV … wegen festgestellter Überversorgung gemäß § 103 des Sozialgesetzbuchs V (SGB V) eine Zulassungsbeschränkung (gesperrtes Gebiet) angeordnet. Da der im Zeitpunkt des Erbfalls sechsjährige Kläger nicht über die für eine Fortführung der freiberuflichen Praxis erforderliche Berufsqualifikation verfügt, beantragten seine gesetzlichen Vertreter am … 2006 und am … 2006 gegenüber der KV …, den Vertragsarztsitz des Erblassers im Ärzteblatt öffentlich auszuschreiben. Daraufhin gab der Zulassungsausschuss für Ärzte der Stadt L bei der KV … mit Beschluss vom … 2007 dem Antrag des Herrn X auf Zulassung zur Kassenpraxis mit Wirkung zum 1. April 2007 statt.

Im Rahmen der am 28. August 2007 bei dem Beklagten eingereichten, von Frau S als Vormund erstellten Erbschaftsteuererklärung bezifferte diese den Wert der zum Nachlass gehörenden Arztpraxis mit insgesamt … EURO und beantragte, dem Kläger wegen seines diesbezüglichen Erwerbs die für Betriebsvermögen geltenden Steuerentlastungen des § 13a ErbStG zu gewähren. Wegen der Einzelheiten der Wertermittlung wird auf die amtliche „Anlage Betriebsvermögen” sowie die dieser beigefügten Ergänzungslisten zur Erbschaftsteuererklärung Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 29. Oktober 2007 setzte der Beklagte ausgehend von einem Wert des Erwerbs i.H. von … EURO Erbschaftsteuer i.H. von … EURO gegen den Kläger fest. Dabei ließ er die Steuervergünstigungen gemäß § 13a ErbStG mit der Begründung unberücksichtigt, der Erbe könne mangels beruflicher Qualifikation die Arztpraxis des Erblassers nicht fortführen.

Auf den Einspruch des Klägers erteilte der Beklagte ihm unter dem 28. Mai 2008 einen gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Teilabhilfebescheid, in dem er die Erbschaftsteuer wegen eines anderen Streitpunkts und der Auswertung einer zwischenzeitlich durchgeführten Bedarfswertfeststellung auf 67.785 EURO herabsetzte. In der nachfolgenden Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 2008 erkannte der Beklagte darüber hinaus nachträglich geltend gemachte und belegte Erbfallkosten an, aus deren Abzug eine weitere Verminderung der Erbschaftsteuer auf nunmehr … EURO resultierte. Im Übrigen, d.h. hinsichtlich der in erster Linie begehrten Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG, wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Hierzu führte er im Wesentlichen aus:

Die erzwungene Veräußerung der Arztpraxis aufgrund der fehlenden Qualifikation des Klägers habe den nachträglichen Wegfall der Steuerbegünstigung nach § 13a ErbStG zur Folge. Zwar seien Betriebsvermögensfreibetrag und Bewertungsabschlag gemäß § 13a Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG wegen der in § 96 des Bewertungsgesetzes (BewG) angeordneten Gleichstellung der Gewerbebetriebe mit der Ausübung freier Berufe auch beim Erwerb freiberuflicher Betriebsvermögen zu berücksichtigen. Diese Vergünstigungen entfielen jedoch sowohl bei gewerblichem als auch bei freiberuflichem Vermögen mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn und soweit der Erwerber dieses – wie hier – innerhalb der fünfjährigen Behaltensfrist des § 13a ...

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