Der BGH[3] hat die in Rechtsprechung und Literatur bislang kontrovers diskutierte Frage, ob eine Genehmigungspflicht für die freiheitsentziehenden Maßnahmen bei Minderjährigen auch im Rahmen des § 1631b BGB der familiengerichtlichen Genehmigung bedarf, in dem Sinn entschieden, dass

Zitat

"die nächtliche Fixierung eines Kindes in einer offenen heilpädagogischen Einrichtung keine genehmigungsbedürftige Unterbringungsmaßnahme i.S.d. § 1631b BGB ist und dass die Vorschrift des § 1906 Abs. 4 BGB nur für volljährige Betreute gilt und im Kindschaftsrecht nicht analog angewendet werden kann.“"

[Hervorh. d. Verf.]

Er kam zu dem Ergebnis, dass eine planwidrige Regelungslücke im Gesetz nicht vorläge, sodass es an der Voraussetzung für eine analoge Anwendung des § 1906 Abs. 4 BGB bereits fehle. Im Übrigen sei die Situation des Minderjährigen im Kindschaftsrecht auch nicht vergleichbar mit der des Betroffenen im Betreuungsrecht. Der Betreuer habe lediglich die rechtliche Verantwortung für seinen Betroffenen, die Eltern trügen hingegen nicht nur die rechtliche, sondern auch die persönliche Verantwortung für ihre Kinder. Die primäre Entscheidungszuständigkeit läge bei den Eltern. Die staatliche Verantwortung und die Kontrolle seien im Bereich des Erziehungsrechts eingeschränkt. Aufgrund seines Wächteramtes dürfe der Staat in das Elternrecht nur eingreifen, wenn hierfür eine gesetzliche Grundlage bestehe. Da sie (bislang) fehle, könne nur der Gesetzgeber darüber entscheiden, ob auch unterbringungsähnliche Maßnahmen bei Minderjährigen in einer freiheitsentziehenden Einrichtung der Anordnung eines familiengerichtlichen Genehmigungsvorbehalts bedürfen. Der Gesetzgeber hat die Erforderlichkeit eines Genehmigungsvorbehalts bei freiheitsentziehenden Maßnahmen bejaht. Seiner Ansicht nach

Zitat

"können freiheitsentziehende Maßnahmen nämlich mindestens ebenso schwerwiegend und belastend sein wie eine gemäß § 1631b BGB genehmigungspflichtige freiheitsentziehende Unterbringung. (…) Durch die (…) Einführung eines Genehmigungstatbestandes für freiheitsentziehende Maßnahmen auch jenseits der freiheitsentziehenden Unterbringung wird ein Gleichlauf des Kinderschutzes und des Erwachsenenschutzes gewährleistet, da im Betreuungsrecht gemäß § 1906 Abs. 4 BGB bereits heute ein Genehmigungserfordernis besteht."

[3] BGH NJW 2013, 2969 = ZKJ 2013, 449 = JAmt 2013, 661 = FuR 2013, 713 = FamRB 2013, 356, bespr. von Moll-Vogel = FamRZ 2013, 1646 m. Anm. Salgo, FamRZ 2013, 1719.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge