BGB § 430 § 1612b Abs. 1 Nr. 1 § 1606 Abs. 3 S. 2 § 1613 Abs. 1; EStG § 31 S. 3 § 62 ff.

Leitsatz

Zum isolierten Kindergeldausgleich beim Wechselmodell. (Rn 12)

BGH, Beschl. v. 20.4.2016 – XII ZB 45/15 (OLG Schleswig, AG Schleswig)

1 Gründe:

[1] I. Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute. Aus ihrer Ehe sind die drei gemeinsamen minderjährigen Kinder M. (geboren im Dezember 2000), N. (geboren im Juni 2003) und R. (geboren im März 2005) hervorgegangen. Die Kinder halten sich im wöchentlichen Wechsel im jeweiligen Haushalt des einen und des anderen Beteiligten auf. Es besteht auch im Übrigen Einigkeit darüber, dass die Beteiligten ihre Kinder paritätisch und somit in einem Wechselmodell betreuen. Keiner der Beteiligten leistet aufgrund seiner Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern bislang Zahlungen an den anderen Teil. Die im öffentlichen Dienst beschäftigte Antragsgegnerin bezieht das gesetzliche Kindergeld für alle drei Kinder.

[2] Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin in dem vorliegenden Verfahren auf Auskehrung des hälftigen Kindergelds für den Zeitraum ab April 2013 in Anspruch. Die Antragsgegnerin ist dem Anspruch unter anderem mit der Begründung entgegengetreten, dass sie in diesem Zeitraum die erforderlichen Aufwendungen insbesondere für Bekleidung, Schulutensilien, Mobilität und Versicherungen für die drei Kinder allein getragen habe und eine unterhaltsrechtliche Berücksichtigung dieser Leistungen insoweit noch ausstehe. Hilfsweise hat sie wegen dieser Aufwendungen die Aufrechnung mit Gegenforderungen in einer Gesamthöhe von 4.431,92 EUR erklärt. Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin antragsgemäß dazu verpflichtet, für den Zeitraum ab August 2013 laufend das hälftige Kindergeld für die Kinder M. und N. in monatlicher Höhe von 92 EUR und für das Kind R. i.H.v. 95 EUR sowie für den Zeitraum von April bis Juli 2013 einen Rückstandsbetrag i.H.v. 1.116 EUR nebst Zinsen an den Antragsteller zu zahlen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

[3] Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie weiterhin eine Abweisung der Zahlungsanträge erstrebt.

[4] II. Die Rechtsbeschwerde hat teilweise Erfolg.

[5] 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, die in FamRZ 2015, 965 veröffentlicht ist, im Wesentlichen das Folgende ausgeführt: …

[7] 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

[8] a) Mit Recht und mit zutreffender Begründung hat das Beschwerdegericht allerdings erkannt, dass sich ein etwaiger Anspruch des Antragstellers auf Ausgleich des hälftigen Kindergelds nicht – wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint – auf § 430 BGB stützen kann.

[9] Ein Anspruch nach § 430 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn der Tatbestand einer Gesamtgläubigerschaft nach § 428 BGB vorliegt, mithin mehrere Personen eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt sind, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist. Ein solcherart ausgestaltetes Forderungsrecht beider kindergeldberechtigter Elternteile gegenüber der Familienkasse besteht nicht. Das auf der Grundlage des Einkommensteuergesetzes gewährte staatliche Kindergeld wird gemäß §§ 31 S. 3, 62 ff. EStG als vorweggenommene Steuervergütung an die Eltern gezahlt. Auch wenn beide Elternteile – jeder für sich genommen – die Voraussetzungen der §§ 62 f. EStG für die Gewährung von Kindergeld erfüllen, wird nach § 64 Abs. 1 EStG nur an einen der beiden Anspruchsberechtigten die Auszahlung des (gesamten) Kindergelds vorgenommen. § 64 Abs. 2 EStG enthält Bestimmungen dazu, welcher der beiden Berechtigten das Kindergeld bekommt. Ist das Kind überwiegend im Haushalt eines Berechtigten aufgenommen und hat es dort seinen Lebensmittelpunkt, erhält dieser Berechtigte nach § 64 Abs. 2 S. 1 EStG das Kindergeld. Ist das Kind in einen gemeinsamen Haushalt aufgenommen, bestimmen die Berechtigten nach § 64 Abs. 2 S. 2 EStG untereinander, wer das Kindergeld erhält; können sie sich nicht einigen, trifft das Familiengericht eine für die Familienkasse bindende Entscheidung (§ 64 Abs. 2 S. 3 EStG). § 64 Abs. 2 S. 2 und 3 EStG sind entsprechend anwendbar, wenn das Kind – wie bei einem Wechselmodell – in den getrennten Haushalten beider Berechtigter nahezu gleichwertig aufgenommen worden ist (vgl. BFH Beschl. v. 15.1.2014 – V B 31/13, juris Rn 4 und FamRZ 2005, 1173, 1174). Kindergeld kann daher bei konkurrierenden Berechtigungen nur derjenige Elternteil beziehen, der nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 64 Abs. 2 EStG hierzu berufen ist; dies schließt die Annahme einer Gesamtgläubigerschaft der Eltern gegenüber der Familienkasse aus (vgl. bereits Senatsurt. v. 11.5.1988 – IVb ZR 89/87, FamRZ 1988, 834 zu § 3 BKGG 1964).

[10] b) Ebenfalls im Ausgangspunkt zutreffend ist die Auffassung des Beschwerdegerichts, dass sich ein Anspruch des Antragstellers auf Auskehrung des hälftigen Kindergelds aus ...

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