1. Der durch Verfügung von Todes wegen angeordnete Ausschluss der elterlichen Vermögensverwaltung für vom Kind ererbtes Vermögen umfasst auch die Befugnis zur Ausschlagung der Erbschaft. Die in einem solchen Fall von einem ausgeschlossenen Elternteil im Namen des Kindes erklärte Ausschlagung ist mangels Vertretungsmacht unwirksam (BGH, Beschl. v. 29.6. 2016 – XII ZB 300/15).
  2. a) Unter dem Wohl des Kindes sind die grundlegenden, unverzichtbaren Lebensbedürfnisse des beteiligten Kindes zu verstehen, auf deren vollständige und sichere, unbedingte, voraussetzungslose Erfüllung es in seinem gerade erreichten Stand der Entwicklung angewiesen ist. b) Zu den grundlegenden, unverzichtbaren Lebensbedürfnissen gehört das Bedürfnis nach emotionaler Zuwendung und, sobald das Säuglingsalter überschritten ist, der Bedarf nach erzieherischer und geistiger Anregung. Das weitgehende und dauerhafte Vorenthalten dieser Zuwendung beeinträchtigt das Kindeswohl. c) Die Gefahr ist gegenwärtig, wenn für einen in absehbarer, nicht erst fernerer Zukunft liegenden Zeitpunkt zu erwarten ist, dass die zur Beeinträchtigung des Kindeswohls führende Entwicklung ohne den hoheitlichen Eingriff nicht mehr aufgehalten oder umgekehrt werden kann. Die Beeinträchtigung des Kindeswohls kann zu dieser Zeit erst in weiterer Zukunft zu erwarten sein. Wenn wahrscheinlich ist, dass die Entwicklung zum Schaden in einem späteren Stadium des Verlaufs nicht mehr aufgehalten werden kann, dann besteht eine gegenwärtige, konkrete Gefahr, nicht nur ein Risiko. d) Die Gefahr der Kindeswohlschädigung durch Vernachlässigung besteht schon dann, wenn die langfristige Entwicklung, die wegen der anhaltenden Vernachlässigung auf den Schaden zuläuft, begonnen hat, und sobald nicht mehr zu erwarten ist, dass die Eltern oder die behördliche Unterstützung und Hilfe jetzt oder künftig die Entwicklung zum Besseren wenden werden. (OLG Brandenburg, Beschl. v. 4.12.2015 – 13 UF 95/15, FamRZ 2016, 1180 m. Anm. Hammer, S. 1184)
  3. a) Bei gemeinsamer elterlicher Sorge unterfällt die Entscheidung, mit dem Kind eine Urlaubsreise in die Türkei durchzuführen, unter den gegenwärtigen dortigen Verhältnissen nicht der Alleinentscheidungsbefugnis des § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB. b) Hält der andere Elternteil eine Urlaubsreise des Kindes in die Türkei für zu gefährlich, kann dies unter den gegenwärtigen dortigen Verhältnissen einer Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB auf den die Reise beabsichtigenden Elternteil entgegenstehen. (OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 21.7.2016 – 5 UF 206/16)
  4. a) Zu der in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstrittenen sorgerechtlichen Einordnung von Impfentscheidungen der Kindeseltern. b) Die einem getrennt lebenden Elternteil zustehende Alltagssorge (§ 1687 Abs. 1 S. 2 BGB) umfasst nicht die Befugnis, über die Vornahme oder Nichtvornahme von Schutzimpfungen seines minderjährigen Kindes autonom zu entscheiden. Denn es handelt sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung i.S.d. § 1628 S. 1 BGB, deren Entscheidung das Familiengericht bei Dissens der Kindeseltern einem Elternteil übertragen kann. c) Befürwortet ein Elternteil die Durchführung der von der Ständigen Impfkommission der Bundesrepublik Deutschland empfohlenen Schutzimpfungen, indiziert diese Haltung – vorbehaltlich entgegenstehender Umstände des Einzelfalls – seine Eignung, eine kindeswohlkonforme Impfentscheidung (§ 1697a BGB) zu treffen. (OLG Jena, Beschl. v. 7.3.2016 – 4 UF 686/15, juris = FamRZ 2016, 1175 m. Anm. Osthold; die zugelassene Rechtsbeschwerde wurde eingelegt, Az.: XII ZB 157/16)
  5. a) Dass ein umfassendes Kontakt- und Näherungsverbot nicht allein für den über 30 Jahre älteren Partner einer Jugendlichen, sondern mittelbar, aber letztlich in gleicher Weise als Verbot auch für die Jugendliche selbst wirkt, ist in der Rechtsfolgenabwägung im Rahmen von § 1666 Abs. 4 BGB zu beachten. b) Das Leitbild der Erziehung zu einer eigenständigen und -verantwortlichen Persönlichkeit des Kindes ist im Rahmen der Prüfung des § 1666 BGB zu berücksichtigen. c) Von einem Erwachsenen wird nicht die Begründung erwartet, weshalb er jemanden mag oder liebt; ebenso kann der Heranwachsende nicht zur positiven Rechtfertigung seines Umgangs verpflichtet sein. In einer schicksalhaften Konfliktsituation kann einer als Akt achtenswerter Selbstbestimmung getroffenen Entscheidung eines heranwachsenden Kindes ein solches Gewicht beizumessen sein, dass der Kindeswille nicht übergangen werden kann, ohne dass dadurch das Kindeswohl gefährdet würde. d) Der intensiv, zielorientiert, erlebnisgestützt und stabil geäußerte Wunsch einer fast 16-jährigen Jugendlichen, ihre Liebesbeziehung aufrechtzuerhalten und durch (alters-)angemessene persönliche und fernkommunikative Kontakte zu pflegen, kann Ausdruck einer bewussten Eigenentscheidung sein, die zu beachten ist. e) Es verbietet sich jede Stellungnahme des Senats zu der nicht justiziablen Frage, ob ein gestandener 47-jähriger verheirateter Mann, der Vater mehrerer Kin...

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