Das Bundesverfassungsgericht[2] hat das Betreuungsgeld mangels bundesrechtlicher Gesetzgebungskompetenz für verfassungswidrig erklärt. Materiell hat sich das Bundesverfassungsgericht mit dem Betreuungsgeld nicht befasst.[3] Es ging somit bei dem Urteil nicht um Familienpolitik, sondern allein um Staatsorganisationsrecht, nämlich um die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit durch den Bund (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. Art. 72 Abs. 2 GG).[4] Pikanterweise hatte der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg gegen das Betreuungsgeldgesetz geklagt, obwohl Hamburg dasjenige der alten Bundesländer ist, das beim Betreuer-Kind-Verhältnis in Kindertageseinrichtungen konstant das Schlusslicht bildet und zwischenzeitlich sogar von einem der neuen Bundesländer diesbezüglich abgehängt wurde.[5] Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seiner Entscheidung auf diese Klage somit gar nicht mit der Frage befasst, welche R. Pisal, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes e.V. (djb), als Bedeutung der Entscheidung hervorgehoben hat, nämlich der Frage, ob das Betreuungsgeld ein gleichstellungspolitischer Rückschritt ist.[6]

[2] BVerfG, Urt. v. 21.7.2015 – 1 BvF 2/13, DVBl. 2015, 1182 = FamRZ 2015, 1459 = NJW 2015, 2399. Zu den Folgen für die Leistungsverwaltungsakte s. Peuker, DVBl. 2015, 1233 ff.
[3] BVerfG, Urt. v. 21.7.2015 – 1 BvF 2/13, DVBl. 2015, 1182 = FamRZ 2015, 1459 = NJW 2015, 2399 Rn 74. Zur fehlenden Gesetzgebungskompetenz s. bereits Ewer, NJW 2012, 2251 ff.
[4] So zutreffend Henneke, DVBl. 2015, 1187, 1188.
[5] Vgl. Pressemitteilung Nr. 90 v. 13.3.2012 des Statistischen Bundesamtes, abrufbar im Internet unter https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2012/03/PD12_090_225pdf.pdf?__blob=publicationFile (Stand: 25.1.2016). Der Wert des Betreuer-Kind-Verhältnisses gibt das zahlenmäßige Verhältnis zwischen pädagogisch tätigen Personen und betreuten Kindern in Tageseinrichtungen an.
[6] Vgl. dazu Brosius-Gersdorf, NJW 2013, 2316, 2318 ff.

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