Die Entscheidung des OLG Frankfurt ist deshalb so interessant, weil sie sich gleichzeitig mit einer Vielzahl von Problemen im Rahmen der Gegenstandswert- und Verfahrenswertbemessung befasst.

Festsetzung des Gegenstandswertes

Viele Gerichte – wie auch hier das FamG – differenzieren häufig nicht zwischen dem Verfahren auf Festsetzung des Verfahrenswertes für die Gerichtsgebühren (§ 55 FamGKG) und auf Festsetzung des Wertes für die Anwaltsgebühren (§ 33 RVG).

Für die Gerichtsgebühren hat das Gericht nach § 55 Abs. 1 FamGKG bei Einreichung des Antrags den Verfahrenswert vorläufig festzusetzen, soweit die Gerichtsgebühr nach dem Wert erhoben wird und bei Einreichung des Antrags vorauszuzahlen ist. Im Übrigen hat das Gericht nach Beendigung des Verfahrens oder anderweitiger Erledigung den Verfahrenswert endgültig festzusetzen (§ 55 Abs. 2 FamGKG).

Die endgültige Wertfestsetzung ist nach § 32 Abs. 1 FamGKG auch für die Anwaltsgebühren bindend. Ist der Anwalt mit dem vom Gericht festgesetzten Wert nicht einverstanden, kann er hiergegen in eigenem Namen (§ 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 59 FamGKG) Beschwerde erheben. Eine Beschwerde gegen die vorläufige Wertfestsetzung ist dagegen nicht möglich.[1]

Scheidet der Anwalt vorzeitig aus einem Verfahren aus, dann wird seine Vergütung nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG fällig. Damit er abrechnen kann, benötigt er einen Gegenstandswert. Insoweit kann der Anwalt nicht auf den Verfahrenswert zurückgreifen, weil es mangels Beendigung des Verfahrens an einer endgültigen Wertfestsetzung fehlt. In diesem Fall hat der Anwalt ein Recht darauf, dass das Gericht für seine Gebühren einen Gegenstandswert festsetzt, damit er gegenüber seinem Mandanten abrechnen kann.[2] Dies hat das FamG übersehen. Es war der Auffassung, dass der Anwalt sich an der vorläufigen Wertfestsetzung orientieren könne. Dabei hat das FamG allerdings übersehen, dass eine Bindungswirkung an eine vorläufige Wertfestsetzung nicht besteht und der Anwalt sich gegen eine – wie hier – unzutreffende vorläufige Wertfestsetzung auch nicht mit der Beschwerde wehren kann. Er benötigt daher eine gesonderte Wertfestsetzung für seine Gebühren.

Abgesehen davon wird im Verfahren nach § 55 FamGKG der Wert für die Gerichtsgebühren "allgemein" festgesetzt, während im Verfahren nach § 33 RVG eine individuelle Wertfestsetzung gerade für das Vertragsverhältnis zwischen dem beteiligten Anwalt und seinem Auftraggeber erfolgt.[3]

Eine gesonderte Wertfestsetzung ist bei vorzeitigem Ausscheiden des Anwalts auch deshalb erforderlich, weil der Anwalt nur an den bis dahin anhängigen Werten beteiligt ist. Sofern sich später durch eine Antragserweiterung weitergehende Gegenstände ergeben (hier etwa durch weitere Folgesachen), ist der ausgeschiedene Anwalt daran nicht mehr beteiligt, sodass die endgültige Wertfestsetzung für ihn letztlich auch nicht bindend sein kann.

Weigert sich das FamG – wie hier – einen gesonderten Wert für die Anwaltsgebühren festzusetzen, dann ist hiergegen die Beschwerde nach § 33 Abs. 3 RVG gegeben. Dem Wortlaut nach ist die Beschwerde nur gegen den Beschluss nach § 33 Abs. 1 RVG gegeben, also gegen den Wertfestsetzungsbeschluss, nicht aber gegen einen unterlassenen Beschluss. Nach der Rechtsprechung ist aber § 33 Abs. 3 RVG dahingehend auszulegen, dass auch die Weigerung, einen Beschluss nach § 33 Abs. 1 RVG zu erlassen, beschwerdefähig ist.[4]

Ehesache

In Ehesachen ist der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen (§ 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG), wobei für die Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten einzusetzen ist (§ 43 Abs. 2 FamGKG).

Häufig werden in der Ehesache nur Angaben zum Einkommen der Eheleute gemacht, sodass das Gericht keine Informationen zum Vermögen erhält und dieses dann auch beim Verfahrenswert nicht berücksichtigen kann. Das ist umso verwunderlicher, als § 53 FamGKG vorgibt, dass bei jedem Antrag der Verfahrenswert, wenn dieser nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht und auch kein fester Wert bestimmt ist, schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle anzugeben ist. Dazu gehört es auch, bereits im Scheidungsantrag zu den Vermögensverhältnissen der Eheleute vorzutragen.

Dass sich dies auch für den Anwalt lohnt zeigt sich am zugrunde liegenden Fall, bei dem die Vermögenskomponente das 3,5-Fache der Einkommenskomponente ausgemacht hat.

Stufenantrag Zugewinn

Wird ein Stufenantrag eingereicht, dann richtet sich der Verfahrenswert nach § 38 FamGKG. Maßgebend ist der höhere Wert, in der Regel der Wert des Leistungsanspruchs. Ist der Leistungsanspruch – wie hier – noch nicht beziffert, dann ist sein Wert auf den Zeitpunkt der Antragseinreichung (§ 34 FamGKG) zu schätzen.[5] Es ist zu fragen, welche Erwartungen der Antragsteller bei Einreichung seines Stufenantrags von der zu erwartenden Leistung hatte,[6] und zwar auch dann, wenn di...

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