Ein Elternteil, der mit seiner Unterhaltszahlung an das gemeinsame Kind einen gerichtlichen Vergleich erfüllt, kann daneben vom anderen Elternteil verlangen, den gezahlten Unterhalt teilweise an ihn zu erstatten. Die Berechtigung folgt aus einem familienrechtlichen Ausgleichsanspruch. Dieser ist in der Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des BGH grundsätzlich für solche Fälle anerkannt, in denen ein Elternteil für den Unterhalt eines gemeinsamen Kindes aufgekommen ist und dadurch dessen Unterhaltsanspruch erfüllt hat, obwohl (auch) der andere Elternteil ganz oder teilweise unterhaltspflichtig war.[49] Für den streitgegenständlichen Unterhalt ihrer gemeinsamen Tochter hafteten die Beteiligten als Eltern durchgehend nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen, nachdem die Tochter auch während der letzten Monate ihrer Minderjährigkeit auswärts durch Dritte betreut wurde. Eine Bestimmung dahingehend, der gemeinsamen Tochter in der Zeit ihrer Minderjährigkeit weiterhin Naturalunterhalt zu gewähren, konnte die Mutter schon deswegen wirksam nicht treffen, weil das Bestimmungsrecht nach § 1612 Abs. 2 BGB den Eltern als Inhabern der gemeinsamen elterlichen Sorge hier nur gemeinsam zustand. Ob eine solche Bestimmung zudem die nach § 1612 Abs. 2 S. 1 BGB gebotene Rücksicht auf die Belange der gemeinsamen Tochter genommen hätte, konnte im Streitfall dahinstehen. Der gerichtliche Vergleich erwächst nicht in materielle Rechtskraft. Er hat daher keine Sperrwirkung, welche die Geltendmachung eines familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs ausschließen würde. Der gerichtliche Vergleich ist nach § 239 FamFG bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse frei abänderbar. Der Umfang der Abänderung richtet sich allein nach materiellem Recht und kann inzident im Rahmen des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs geprüft werden. Der Vater hat mit der Unterhaltszahlung keine rechtskräftig festgestellte eigene Unterhaltspflicht erfüllt, sondern – soweit die Mutter ihre Unterhaltspflicht nicht erfüllt hat – an ihrer Stelle eine ihr obliegende Unterhaltsverbindlichkeit. In solchen Fällen, in denen die alleinige Barunterhaltspflicht wegen der Drittunterbringung entfällt und die Eltern als Teilschuldner gemäß § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB haften, muss die jeweilige Einstandspflicht der Eltern festgestellt werden, um die Höhe des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs ermitteln zu können.[50]

[49] BGH NJW 2016, 1956 = FamRZ 2016, 1053.
[50] BGH NJW 2017, 1108 = NZFam 2017, 270 m. Anm. Graba = FamRZ 2017, 611 m. Anm. Borth; zum isolierten Ausgleich des Kindergeldes als ein Anwendungsfall des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs vgl. BGH NJW 2016, 1956 = NZFam 2016, 851 m. Anm. Roessink = FamRZ 2016, 1053.

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