Der "Umweg" über eine rein vertragliche Verpflichtung des Mannes ist notwendig, weil seine gesetzliche Unterhaltspflicht gegen seinen Willen nicht herbeigeführt werden kann. Denn ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren, das die Kindesmutter im Vorfeld erfolglos angestrengt hatte, musste mangels genetischer Verbindung zum Kind scheitern. Die Erwägung, auch eine Vaterschaft aufgrund einer "Elternschaft kraft Willensakt" im Verfahren nach § 169 Nr. 1 FamFG festzustellen,[3] lässt sich bisher mit dem auf die biologische Abstammung gerichteten Verfahren kaum vereinbaren.[4]

Dass eine vertragliche Regelung Wirkung auf eine andere, hieran nicht beteiligte Person haben soll, ist im Unterhalt bei gesetzlicher Vertretung minderjähriger Kinder durch den Obhutselternteil keine Besonderheit. Darüber hinaus wirkt der von einem Elternteil in gesetzlicher Verfahrensstandschaft herbeigeführte Unterhaltstitel – sei es durch Beschluss oder im gerichtlichen Vergleich – nach § 1629 Abs. 3 S. 2 BGB für und gegen das Kind. Unabhängig von dieser gesetzlichen oder verfahrensrechtlichen Vertretung des Kindes beruht die Unterhaltspflicht des einwilligenden Mannes auf einem berechtigenden Vertrag zugunsten Dritter i.S.v. § 328 BGB.

Ob ein Dritter einen Anspruch auf Leistung erwerben soll, ist nach der allgemeinen Regelung des § 328 Abs. 2 BGB in Ermangelung "besonderer Bestimmung" im Wege der Auslegung zu ermitteln. Dabei kommt dem verfolgten Zweck besondere Bedeutung zu, sodass bei Verträgen, die ausschließlich dem Interesse bzw. der Versorgung des Dritten dienen oder als "Akt der Fürsorge für den Dritten" erfolgen, i.d.R. von einem Rechtserwerb des Dritten auszugehen ist.[5] Entsprechend geht die gesetzliche Auslegungsregel in § 329 BGB bei einem Leibrentenvertrag im Zweifel von einem unmittelbaren Rechtserwerb des Dritten aus. Vor diesem Hintergrund hatte die Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1995, das Einverständnis des Ehemanns zur heterologen Insemination enthalte ein konkludentes Unterhaltsversprechen zugunsten des Kindes, wohl einhellig Zustimmung erfahren.[6]

Nach der Begründung des Gesetzes zur weiteren Verbesserung von Kinderrechten (Kinderrechteverbesserungsgesetz – KindRVerbG) vom 9.4.2002, mit dem die Regelung des heutigen § 1600 Abs. 5 BGB eingeführt wurde, sollte der Ausschluss der Vaterschaftsanfechtung im Fall konsensualer heterologer Insemination den Verlust von Unterhaltsansprüchen sowie den Verlust des Erbrechts des Kindes verhindern. Die bewusste Entscheidung eines Paares zur Zeugung eines Kindes durch "Fremdsamenübertragung" begründet danach eine nicht aufkündbare Übernahme von Verantwortung für das Kind.[7] An diese Verantwortung durch eine "Elternschaft durch Willensakt" hatte der BGH die Unterhaltspflicht des Ehemannes geknüpft.[8]

Die Einwilligung nach § 1600 Abs. 5 BGB in eine künstliche Befruchtung ist (als vorherige Zustimmung; § 183 S. 1 BGB) ein einseitiges Rechtsgeschäft und führt zum Ausschluss des Rechts zur Vaterschaftsanfechtung. Die hierdurch begründete Verantwortung für das entstehende Leben ist Grundlage der damit verbundenen, ebenfalls empfangsbedürftigen Willenserklärung auf Abschluss einer Unterhaltsvereinbarung mit der künftigen Kindesmutter zur Existenzsicherung des noch zu zeugenden Kindes. Der h.M. folgend qualifiziert der BGH (Rn 11) die Einwilligung in die künstliche Befruchtung als Willenserklärung i.S.d. §§ 116 ff. BGB, lässt jedoch die Frage offen, ob die allgemeinen Regelungen über Willenserklärungen den familienrechtlichen Besonderheiten anzupassen sind.

Die Einwilligung wird nicht immer ausdrücklich erklärt.[9] Nach Ziffer 3.2.6 der Musterrichtlinie der Bundesärztekammer zur Durchführung der assistierten Reproduktion soll die "Information, Aufklärung, Beratung und die Einwilligung der Partner" durch Unterzeichnung beider Partner sowie des Arztes dokumentiert werden. Außerhalb einer ärztlichen Behandlung wird die Einwilligung häufig nicht ausdrücklich, sondern durch konkludente Erklärung erfolgen,[10] wobei aus dem Verhalten bzw. den Umständen auf den Rechtsfolgewillen geschlossen wird. Diesen erkennt der BGH darin, dass die Frau die Insemination von der Mitwirkung bzw. Einwilligung des Mannes abhängig macht (Rn 12). Schon der einvernehmliche Beginn der ärztlichen Behandlung der Partnerin, die auf eine künstliche Befruchtung gerichtet ist, erfüllt mithin die Voraussetzungen einer konkludenten Einwilligung, auch wenn diese auf Seiten der Frau mit einer Eizellenspende und einer Embryonentransferbehandlung verbunden ist.[11]

Vorliegend hatte der Beklagte die Einwilligung erteilt, als sich beide Partner in die Behandlung des Hausarztes mit dem Ziel der heterologen Insemination der Frau begaben. Denn nach den in den Entscheidungsgründen der Vorinstanz[12] mitgeteilten Tatsachen hatte vor der ersten, im Juli 2007 erfolglosen Insemination ein Gespräch des seit etwa sieben Jahren zusammenlebenden Paares mit dem Hausarzt stattgefunden, in dem der Beklagte die gemeinsamen Pläne bestätigt hatte. Neb...

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