Seit der Unterhaltsrechtsreform von 2008 ist es besonders riskant geworden, wegen Übernahme von Kinderbetreuung und/oder Familienarbeit keiner Erwerbsarbeit nachzugehen oder diese zu unterbrechen. Insbesondere die dadurch fehlende Altersversorgung ist kaum nachzuholen. Die Konsequenzen der rechtlichen Regelungen und die tatsächlichen nicht unerheblichen Folgen einer asymmetrischen Rollenverteilung müssen nicht nur für den interessierten Einzelnen erkennbar, sondern möglichst allgemein bekannt sein. Das betrifft bei traditioneller Rollenverteilung weiterhin vor allem die Frauen.

Um die Solidarität bereits in der Ehe, die gemeinsame Verantwortung füreinander und für gemeinsame Entscheidungen zu stärken, bedarf es verbindlicher Regeln, die den Ehepartnern vor der Ehe bekannt sind und die Optionen transparent machen, damit sie bewusste Entscheidungen über ihr Arrangement von Rollenteilungen treffen können. Mittelbar soll damit das Bewusstsein gestärkt werden, dass beide Ehepartner sich ökonomisch absichern sollen.

Das Thema Ehegüterrecht sollte daher grundsätzlich unter der Perspektive dynamischer Lebensläufe betrachtet werden. Die Menschen wissen tatsächlich am Beginn der Ehe nicht, in welchen – wechselnden – Formen der Arbeitsteilung sie die Partnerschaft ein Leben lang gestalten werden. In der Lebensverlaufsperspektive muss erkennbar sein, welches Ehegüterrecht die zahlreichen Unwägbarkeiten und etwaige Folgen asymmetrischer Rollenverteilung am ehesten auffangen könnte, und zwar nicht erst zu einem Zeitpunkt, wo die Bereitschaft zum Ausgleich für ehebedingte Versäumnisse in der wirtschaftlichen Vorsorge besonders gering ist, also nach Beendigung der Ehe.

Dazu muss insbesondere ein – auch steuerlich attraktiver – (Wahl)Güterstand zur Verfügung gestellt werden, der die Gleichwertigkeit der Ehebeiträge durch eine dingliche Teilhabe des nicht oder nur eingeschränkt erwerbstätigen Ehepartners am Vermögenserwerb des anderen bereits während der Ehe anerkennt. Entgegen den Vorstellungen, Wünschen und Erwartungen der meisten Menschen, die im gesetzlichen ehelichen Güterstand leben, besteht aber in der Ehe, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, gerade keine rechtliche Gemeinschaft oder Teilhabe und auch kein Mitentscheidungsrecht in Bezug auf die Verwendung von Einkünften des anderen Ehepartners.

Erforderlich ist daher ein Güterstand, der eine faire Vermögensbeteiligung des aufgrund Kinderbetreuung oder Familienarbeit an der Vermögensbildung gehinderten Partners durch Partizipation am Vermögenserwerb des anderen schon während der Ehe gewährleistet, indem das in der Ehe gemeinsam Erwirtschaftete auch – wie in einer Güter- oder Errungenschaftsgemeinschaft – zu gemeinsamem Vermögen wird. Das Güterrecht sollte den Partnern die Option für eine dingliche Teilhabe während der Ehe bereitstellen und bereits zu einem früheren Zeitpunkt – wenn die Bereitschaft für Verantwortung in Form eines Anspruchs auf Ausgleich von Risiken generell noch vorhanden ist – mit Blick auf einen Schutz des ökonomisch schwächeren und potenziell bedürftigen Partners für einen fairen Ausgleich sorgen. Dazu sollte ein (konkurrierendes) güterrechtliches Modell angeboten werden, das dem gemeinschaftlichen Element bei bestehender Ehe stärker Rechnung trägt, Anreize für einen Risikoausgleich bereits während der Ehe schafft und den Ausgleich nicht erst nach Auflösung der Ehe vorsieht; denn wenn ein nachehelicher Ausgleich nicht stattfindet, ist es für einen rechtzeitigen Risikoschutz meist zu spät.

Daraus resultiert auch die rechtspolitische Forderung, aus staatlicher Fürsorgepflicht Maßnahmen gegen das – von der Studie belegte – gravierende Informationsdefizit zu treffen.[32] Rechtzeitige Information über die Folgen der Eheschließung, gerade im Unterschied zum nichtehelichen Zusammenleben, ist geboten. Die Aufklärung über die gesetzlichen Regelungen, und zwar bereits anlässlich der Heirat, ist Voraussetzung für eine selbstbestimmte Wahl. Die Partner vor die bewusste Entscheidung zwischen alternativen Güterrechtsmodellen zu stellen, würde diesem Autonomiegedanken besonders Rechnung tragen. Ob die Partner letztlich von dem Angebot Gebrauch machen wollen, ist eine andere Frage.

[32] So auch Dethloff, Plädoyer für eine staatliche Information über die Rechtsfolgen der Eheschließung, in: Verbeke/Scherpe/Declerck/Helms/Senaeve (Hrsg.), Confronting the Frontiers of Family and Succession Law, Liber Amicorum Walter Pintens, Mortsel/Cambridge 2012 (im Erscheinen). Vgl. auch Ruscher, in: Bayer/Koch (Hrsg.), Aktuelle Fragen des Familienrechts, 2009, 9, 25. Vgl. auch Mecke, AcP 211 (2011), 886, 924 unter Bezugnahme auf die eingangs zitierte Studie (40, 48–50).

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