Klaus Weil

Es war einmal ein glücklicher Zahnarzt. Eines Tages kam seine Frau und teilte ihm mit, sie werde sich scheiden lassen. Im Rahmen dieser Scheidung habe sie auch Ansprüche auf seine Altersversorgung, die er während der Ehezeit angespart hätte. Da seine ehezeitlichen Anwartschaften bei der berufsständischen Altersversorgung monatlich 4.000 EUR betragen, stehe ihr davon die Hälfte, also 2.000 EUR zu. Der Zahnarzt hatte damit gerechnet, dass seine Rente in seinem Versorgungswerk um diese ehezeitliche Hälfte, also 2.000 EUR, gekürzt würde. Das Familiengericht sah dies genauso und erließ einen Beschluss, wonach im Rahmen einer Rentenhalbteilung für die Ehefrau monatlich 2.000 EUR begründet wurden. Der Zahnarzt war darüber nicht sonderlich unglücklich, da er eine solche Rentenhalbteilung aufgrund seiner Ehe und der hieraus hervorgegangenen Kinder durchaus gerecht fand. Schließlich hätten beide Eheleute nach der Durchführung dieses Versorgungsausgleichs genau die gleich hohe Rente, bezogen auf die Ehezeit. Der Zahnarzt sparte und zahlte brav in seine Altersversorgung ein. Schließlich wollte er zumindest teilweise den scheidungsbedingten Verlust wieder wettmachen.

Aber oh weh, welch bittere Überraschung bei Renteneintritt: Sein Versorgungswerk kürzte nicht etwa den hälftigen Ehezeitanteil in Höhe von 2.000 EUR. Sein Versorgungswerk kürzte um 3.500 EUR! Damit blieben dem armen Zahnarzt nur 500 EUR, obwohl seiner Ehefrau nur 2.000 EUR gutgeschrieben wurden.

Daraufhin verklagte er seinen Versorgungsträger beim Verwaltungsgericht, da er in dessen Verhalten einen eklatanten Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz sah. Es konnte doch nicht sein, dass man ihm auf der Basis einer Rentenhalbteilung mehr als die Hälfte der ehezeitlichen Rente kürzte. Dies sollte der Versorgungsträger korrigieren. Das wiederum sah das Verwaltungsgericht ganz anders. Ja, die Kürzung in dieser Weise sei sicherlich ungerecht. Der gute Zahnarzt befände sich aber vor dem falschen Gericht. Man werde sich doch nicht in eine Entscheidung des Familiengerichts einmischen und diese nachträglich korrigieren. Das Familiengericht habe schließlich im Rahmen seiner Entscheidung auch die spätere Kürzung geprüft und für korrekt befunden. Wenn er dies damals akzeptiert habe, könne er das heute bei einem anderen Gericht nicht mehr ändern. Ob sein damaliger Rechtsanwalt keine Bedenken gehabt habe? Auch die Richter der Rechtsmittelinstanz bestätigten diese Auffassung. Die Kürzung eines Versorgungsanrechts würde bereits mit der Entscheidung des Familiengerichts festgelegt.

Das Vertrauen des armen Zahnarztes in die Justiz schwand. Schweren Herzens entschloss er sich, eine dritte Gerichtsbarkeit mit seinem Fall zu beschäftigen. Wenn doch die Entscheidung des Familiengerichts laut Meinung des Verwaltungsgerichts anders hätte ausfallen müssen, wäre dies ein Haftungsfall für seinen Rechtsanwalt. Sollte das Landgericht die Sache doch richten. Was aber, wenn das Landgericht entgegen dem Verwaltungsgericht nunmehr die Meinung verträte, dass die Kürzung und nicht die Entscheidung des Familiengerichts rechtsfehlerhaft sei? Wenn es keine fehlerhafte Beratung erkennen würde, weil die Prüfung des Kürzungsbetrages durch das Familiengericht anlässlich der Scheidung nicht zu erfolgen hat?

Der einstmals glückliche Zahnarzt verzweifelte ob dieser möglichen Aussichten, wurde traurig und verzichtete auf weitere rechtliche Abenteuer.

Und wenn er nicht gestorben ist, dann lebt er heute noch mit einer viel kleineren Rente als ursprünglich gedacht.

Merke: Nicht jede auf den ersten Blick gerechte Teilung wird auch in gerechter Weise umgesetzt. Besondere Achtung ist bei einer Rentenhalbteilung im Versorgungsausgleich wegen deren Finanzierung geboten!

Autor: Klaus Weil

Klaus Weil, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Marburg

FF 6/2017, S. 221

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