Geschafft! – allerdings hat der Bundesgerichtshof fast 17 Jahre benötigt, um nunmehr eine längst überfällige Klarstellung herbeizuführen. Dabei geht es vordergründig doch nur um die Frage, ob und in welchem Umfang nach der Teilungsversteigerung eines Einfamilienhauses ein Ehepartner gemeinschaftsfremde Forderungen im Rahmen der Erlösverteilung einredeweise geltend machen kann. In den vergangenen Jahrzehnten schwankte die eher an eine juristische Echternacher Springprozession erinnernde Judikatur zwischen Extremen.[1] Sie haben in der Praxis für ebenso viel Verwirrung wie Unmut gesorgt. Zu Beginn wurden Gegenrechte gänzlich abgelehnt. Dies wurde wie folgt begründet: Jeder Miteigentümer müsse jederzeit die Auseinandersetzung verlangen können (§§ 749, 753 BGB). Durch Zurückbehaltungsrechte mit den hieraus zwangsläufig einhergehenden Zeitverzögerungen dürfe dieses Recht nicht unterminiert werden.[2] Flankierend wurde behauptet, die Gegenseitigkeit fehle. Mit dem Urteil FamRZ 2000, 355 machte der BGH eine überraschende Kehrtwendung. Plötzlich wurden bis dahin verpönte Gegenrechte zugelassen. Dabei wurde davon ausgegangen, dass schon durch die Hinterlegung eine Teilung des Erlöses erfolgt sei. Auch die Gegenseitigkeit sei gegeben. Mit dem Urteil FamRZ 2008, 767 wurde die jetzige, allmähliche Kehrtwendung eingeleitet. Sie wurde damit begründet, dass nun doch keine Gegenseitigkeit gegeben sei. Schon von daher schieden Zurückbehaltungsrechte aus. Diese Erkenntnis wurde in dem Beschluss FamRZ 2013, 285 fortgesetzt. Zur Abwechslung wurde nunmehr zwar die Gegenseitigkeit angenommen. Die Argumentation aus der Entscheidung des Jahres 1990[3] wurde indes revitalisiert. Gegenrechte widersprächen dem Auseinandersetzungsrecht der §§ 749, 753 BGB. Bereits nach diesem Beschluss wurde prognostiziert, dass der BGH letztlich zu seiner ursprünglichen Judikatur zurückkehren werde.[4] Genauso ist es jetzt gekommen.

Bei all dem handelte es sich keineswegs etwa nur ein Randproblem. Die Frage der gemeinschaftsfremden Zurückbehaltungsrechte war und ist vielmehr für folgende Frage von überragender Bedeutung: Soll überhaupt und wenn ja, jetzt eine Teilungsversteigerung durchgeführt werden? Kann und darf man dem Mandanten empfehlen, Gebote abzugeben, um das Objekt selber zu erstehen? Teilungsversteigerungen sind vielfach das letzte Mittel, um Forderungen aus der Ehe zwangsweise durchzusetzen. Das Einfamilienhaus ist i.d.R. der wertvollste Vermögensgegenstand. Viele Beteiligte glauben auf diese Weise im Wege der zwangsweisen Auseinandersetzung das Ziel einer Gesamtregelung erreichen zu können. Folgte man der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 2000, war dies auch durchaus realistisch. Sofern nämlich Gegenrechte sogar aus einem gemeinschaftsfremden Bereich eingewandt werden konnten, durfte der Erlös erst dann ausgekehrt werden, nachdem alle Ansprüche zuvor geklärt worden waren. Dies galt z.B. für Getrenntlebensunterhalt, nachehelichen Unterhalt, Ausgleichsansprüche aus Hausrat, Zugewinnausgleichsforderungen, ehebezogene Zuwendungen, Ehegatteninnengesellschaft etc. Kurzum: Mit all dem, was Familienrechtler an Anspruchsgrundlagen heranziehen können, konnte die Verteilung bis zum "Sankt Nimmerleinstag" verzögert werden. Diese missliche materiell-rechtliche Situation wurde durch die prozessuale noch verbösert: Bis zum Inkrafttreten des § 266 FamFG im September 2009 war die Zuständigkeit der Amtsgerichte als Familiengerichte nur für die reinen Familiensachen gegeben. Der Auseinandersetzungsanspruch bezüglich des hinterlegten Erlöses (Abgabe einer Willenserklärung) unterlag hingegen der Zuständigkeit der allgemeinen Zivilabteilung. Damit waren wegen des Streitwertes regelmäßig die Landgerichte involviert. Nachdem diese aber bereits mit der Güterrechtsreform seit dem Jahre 1977 aus den Eheverfahren "verabschiedet" worden waren, bewegten sich die Kenntnisse über die familienrechtlichen Vorschriften doch eher im Nanobereich. Mit gutem Grund entschieden sie daher in der Regel nicht selber über diese Gegenansprüche. Sie setzten vielmehr den eigenen Prozess über die Erlösverteilung gemäß § 148 ZPO aus, bis die Gegenansprüche in den anderen Verfahren beim Familiengericht rechtskräftig abgehandelt worden waren. Die Konsequenz war: Der Ersteher musste den gesamten Kaufpreis einzahlen. Er konnte nicht etwa – wie vielfach von Mandanten zu Unrecht vermutet – seinen hälftigen Anteil einbehalten. In Zeiten, in denen durch Kreditinstitute Zinsen von 7 % und mehr verlangt wurden, bedeutete dies, dass der gesamte Kaufpreis vorfinanziert werden musste. Teilweise wurde über die Verteilung jahrelang erbittert gestritten. Letztendlich wurde erst nach Jahr und Tag eine Auseinandersetzung durchgeführt. Der Ersteher musste demnach finanziell so "stark" sein, dass er in der Lage war, den gesamten Kaufpreis für die erwartete Dauer von mehreren Jahren vorzufinanzieren. Konnte er dies nicht tun, musste ihm unter dem Gesichtspunkt des sichersten Weges dringend d...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge