Das Alter des Kindes spielt nur noch eine sehr untergeordnete Rolle, was nicht überrascht angesichts des Hinweises des BGH darauf, dass die einzelnen Altersphasen nicht einmal mehr als erste Orientierung und Rahmen dienen sollen.[130] Von Bedeutung ist allerdings in jedem Fall die Anzahl der zu betreuenden Kinder.[131] Selbst in derartigen Fällen ist die Darstellung der Schwierigkeiten zur Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kindesbetreuung unverzichtbar.[132] Die tatsächliche Ausübung einer Berufstätigkeit kann als Indiz gegen eine Anspruchsverlängerung sprechen.[133]

Seit der Entscheidung vom 18.4.2012 berücksichtigt der BGH[134] Betreuungs- und Erziehungsaufgaben einschließlich der üblichen hauswirtschaftlichen Leistungen für das Kind als kindbezogene Gründe für eine Anspruchsverlängerung. Unter dem Aspekt einer gerechten Lastenverteilung wird eine Abwägung der vom betreuenden und vom zahlungspflichtigen Elternteil zu erbringenden Leistungen vorgenommen. Aufgrund seiner Erwerbsobliegenheit kann der betreuende Elternteil verpflichtet werden, seine Tagesstruktur abweichend zu organisieren und bisherige Aktivitäten einzuschränken. Sofern eine Ganztagsbetreuung des Kindes gewährleistet ist und der betreuende Elternteil durch großzügig gestaltete Umgangszeiten entlastet wird, kann volle Erwerbstätigkeit in Betracht kommen.[135]

Es hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, ob ein Betreuungsangebot des anderen Elternteils angenommen werden muss.[136] Jedenfalls darf der unterhaltspflichtige Elternteil die Verlängerungsvoraussetzungen nicht durch sein Angebot zur Ausweitung des Umgangsrechts unterlaufen, weil dadurch das Kindschaftsverfahren konterkariert würde.[137] Ein "Betreuungshopping" ist dem Kind nicht zumutbar.[138]

Für die begehrte Anspruchsverlängerung reicht es nicht aus, dass der betreuende Elternteil auf das Vorliegen einer bestimmten Krankheit des Kindes hinweist. Vielmehr muss konkret angegebenen werden, welche Auswirkungen die Krankheit hat und warum sie eine Betreuung gerade durch den Elternteil erfordern soll.[139] Das gilt selbst dann, wenn es sich um ein sog. "Problemkind" handelt.[140] Auch wenn das Kind "eigentlich" in erweitertem Umgang fremdbetreut werden – und die Mutter demgemäß in erweitertem Umfang arbeiten – könnte, kann es andererseits gegen eine solche Ausweitung der Erwerbstätigkeit und für einen höheren Betreuungsumfang sprechen, wenn das Kind in größerem Umfang in Sport, Musik und Freundeskreis eingebunden ist.[141]

[130] BGH NJW 2011, 2646 m. Anm. Mleczko = FamRZ 2011, 1375 = FF 2011, 365.
[131] OLG Hamm BeckRS 2012, 19326 = FamFR 2012, 487. Hier wurden zwei Zwillingspaare betreut.
[132] Siehe dazu OLG Düsseldorf BeckRS 2011, 26419 = FamFR 2012, 10. Hier wurde eine vollschichtige Tätigkeit nach Ende der Grundschulzeit gefordert.
[133] BGH FamRZ 2005, 1154; Palandt/Brudermüller, § 1570, Rn 11 a.E.
[134] BGH FamRZ 2012, 1040 unter Rn 23; anders noch BGH FamRZ 2009, 770; 2009, 1391, 1393.
[135] OLG Düsseldorf NJW 2012, 3382; vgl. auch OLG Hamm FamRZ 2012, 1571. Zur Umzugspflicht bei fehlender Ganztagsbetreuung am Wohnort vgl. OLG Oldenburg FamRZ 2012, 556; bei Kindergarten im Nachbarort OLG Zweibrücken FamRZ 2011, 982 LS.
[136] So BGH FamRZ 2011, 1209; BGH FamRZ 2010, 1880; ablehnend Niepmann/Schwamb, Rn 473; kritisch Heiderhoff, FamRZ 2012, 1604, 1609.
[137] OLG Hamm FamRZ 2014, 1468.
[138] KG FamRZ 2009, 981; 2008, 1942.
[139] Vgl. die "Asthma-Entscheidung" des BGH FamRZ 2009, 770, ebenso die "ADS-Entscheidung" des BGH, FamRZ 2009, 1124 m. Anm. Borth.
[140] S. dazu im Einzelnen Viefhues, FF 2011, 153. Zur "Mimosen-Einrede" siehe Born, NJW 2008, 1, 8.

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