Die Entscheidung des BGH behandelt Themenschwerpunkte aus dem formellen Rechtsmittelrecht. Zunächst und wie im Leitsatz wiedergegeben befasst sich der Beschluss vom 9.12.2015 mit der Statthaftigkeit einer Rechtsbeschwerde und klärt, wie die Verwerfung eines Rechtsmittels als unzulässig angefochten werden kann. Im zweiten Teil geht es um die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines solchen Rechtsbehelfs und dabei insbesondere um die Bewertung der Beschwer eines Unterhaltsschuldners, der sich gegen die Verpflichtung zur Auskunft wehrt.

1. Der BGH bejaht die Statthaftigkeit einer Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Oberlandesgerichts, in welchem die Beschwerde eines Auskunftsschuldners nach mündlicher Verhandlung verworfen wurde. Die Rechtsbeschwerde sei gemäß § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG, §§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 S. 4 ZPO statthaft. Diese Feststellung des BGH ist mitnichten banal, sondern sie trifft eine wichtige Aussage zum Rechtsmittelrecht in Familienstreitsachen.

Zum Verständnis der BGH-Entscheidung sollte man sich die gesetzliche Konzeption der Rechtsmittel in den Ehesachen und den Familienstreitsachen, insbesondere also Unterhaltsverfahren und Zugewinnausgleichsverfahren, vergegenwärtigen: Die Rechtsmittel in diesen Verfahren sind im FamFG nur rudimentär geregelt; stattdessen verweist § 117 FamFG auf Vorschriften der ZPO. Nach § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG gelten für die Rechtsmittel in Ehe- und Familienstreitsachen §§ 520 Abs. 2 S. 2 und 3 sowie 522 Abs. 1 S. 1, 2 und 4 ZPO entsprechend. In ZPO-Verfahren prüft das Berufungsgericht von Amts wegen die Zulässigkeit einer Berufung und verwirft das Rechtsmittel als unzulässig, wenn es an einem Zulässigkeitserfordernis mangelt, § 522 Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO. Wenn eine mündliche Entscheidung entbehrlich ist, kann das Berufungsgericht nach Aktenlage entscheiden, und zwar durch Beschluss. Dieser Beschluss, der die Berufung als unzulässig verwirft, kann mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden, § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO. Diese Norm erfasst aber ausschließlich die Fälle, in denen die Berufung im schriftlichen Verfahren verworfen wurde.[1] Findet hingegen eine mündliche Verhandlung statt, kann das Gericht die Unzulässigkeit der Berufung anschließend nur durch Endurteil aussprechen. Ein solches Endurteil nach mündlicher Verhandlung unterliegt der Nachprüfung entweder auf die zugelassene Revision hin oder aufgrund Nichtzulassungsbeschwerde, die nicht von einer Mindestbeschwer abhängig ist.

Wird in Familienstreitsachen eine Beschwerde ohne mündliche Verhandlung als unzulässig verworfen, gilt über § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG unzweifelhaft die Regelung des § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO, so dass die Rechtsbeschwerde eröffnet ist. Was aber soll gelten, wenn das Oberlandesgericht – wie im vom BGH zu entscheidenden Fall – aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden hat? § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO erfasst diese Konstellation nicht und das FamFG sieht weder eine Revision noch eine Nichtzulassungsbeschwerde vor. Danach bliebe dem Rechtsmittelführer in Familienstreitsachen, dessen Beschwerde aufgrund mündlicher Verhandlung verworfen wurde, der Rechtsweg zum BGH verschlossen. Dieses Ergebnis hält der BGH jedoch für falsch. Der Gesetzgeber habe mit dem in § 117 Abs. 1 FamFG enthaltenen Verweis einen Gleichklang der Beschwerde in Ehe- und Familienstreitsachen mit der Berufung nach ZPO-Vorschriften erreichen wollen. Die Rechtsbehelfe des Beschwerdeführers sollten nicht eingeschränkt, sondern entsprechend den Rechtsbehelfsmöglichkeiten in ZPO-Verfahren geregelt werden. Daher sei die Verweisung in § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG auf § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO so auszulegen, dass gegen die Beschwerdeverwerfung stets die Rechtsbeschwerde statthaft sei, unerheblich, ob im schriftlichen Verfahren oder aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden worden sei. Eine besondere Zulassung der Rechtsbeschwerde sei nicht erforderlich.

2. Im vorliegenden Fall half es dem auskunftsunwilligen Unterhaltsschuldner aber im Ergebnis nicht, dass ihm die Rechtsbeschwerde durch die erweiternde Auslegung des § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG eröffnet wurde, denn sein Rechtsmittel war im Übrigen unzulässig und damit erfolglos. Der BGH wendet auch im Fall einer Rechtsbeschwerde gegen die Beschwerdeverwerfung § 574 Abs. 2 ZPO an. Zwar verweist § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG nur auf § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO, nicht auf die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO. Das bedeute nach dieser Rechtsprechung aber nicht, dass deswegen in Familienstreitsachen die Zulassungsvorschriften des § 70 FamFG gelten würden. Auch an diesem Punkt betont der BGH, dass das Beschwerdeverfahren in Familienstreit- und Ehesachen näher angelehnt ist an das Berufungsverfahren nach der ZPO als an das Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach dem FamFG.[2]

Die (statthafte) Rechtsbeschwerde ist danach nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen...

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