[1] A. Der Antragsteller begehrt als Sozialhilfeträger vom Antragsgegner Elternunterhalt aus übergegangenem Recht für den Zeitraum ab Januar 2012.

[2] Der Antragsgegner ist der Sohn des im Jahre 1941 geborenen S., der seit Anfang 2010 von einem Pflegedienst in der eigenen Wohnung betreut und versorgt wird. S. bezieht von dem Antragsteller laufende Sozialhilfe nach §§ 61 ff. SGB Xll (Hilfe zur Pflege). Der Antragsgegner, der Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit, Gewerbe, Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapital erzielt, lebt seit 2007 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, aus der eine im Dezember 2008 geborene Tochter hervorgegangen ist. Die Lebensgefährtin des Antragsgegners ist geschieden. Zwei aus ihrer Ehe stammende minderjährige Kinder leben ebenfalls im gemeinsamen Haushalt.

[3] Das Amtsgericht hat dem Antragsgegner einen monatlichen Betrag von 1.500,00 EUR (für 2012) und 1.600,00 EUR (ab 2013) zuzüglich der Hälfte seines darüber hinausgehenden Einkommens als Selbstbehalt zugebilligt. Auf der Grundlage eines unterhaltsrechtlich bereinigten Einkommens von 2.147,88 EUR (2012) bzw. 2.234,88 EUR (ab 2013) hat es den Antragsgegner verpflichtet, ab dem 1.7.2014 einen laufenden Unterhalt i.H.v. 318,00 EUR und für die Zeit vom 1.1.2012 bis 30.6.2014 einen Unterhaltsrückstand i.H.v. 9.060,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht die Unterhaltspflicht auf den beantragten Unterhalt begrenzt und ihn verpflichtet, an den Antragsteller ab dem 1.12.2014 einen laufenden Unterhalt von 271,00 EUR monatlich und einen rückständigen Unterhalt von 9.569,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

[4] B. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

[5] I. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: (wird ausgeführt)

[11] II. Das hält rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

[12] 1. Im Ausgangspunkt hat das Oberlandesgericht für eine Inanspruchnahme des Antragsgegners aus übergegangenem Recht allerdings zu Recht § 94 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 2 SGB XII herangezogen.

[13] 2. Die vom Oberlandesgericht bestätigte Unterhaltsberechnung des Amtsgerichts enthält jedoch insoweit einen Rechtsfehler zum Nachteil des Antragsgegners, als sie – im Rahmen seiner allein noch im Streit stehenden Leistungsfähigkeit – einen möglichen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB unberücksichtigt lässt.

[14] a) Die Verpflichtung zur Zahlung von Verwandtenunterhalt findet nach § 1603 Abs. 1 BGB dort ihre Grenze, wo der Unterhaltspflichtige bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen – insbesondere weiterer Unterhaltspflichten – außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt des Berechtigten zu gewähren. § 1603 Abs. 1 BGB gesteht damit jedem Unterhaltspflichtigen vorrangig die Sicherung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu; ihm sollen grundsätzlich die Mittel verbleiben, die er zur angemessenen Deckung des seiner Lebensstellung entsprechenden allgemeinen Bedarfs benötigt. Maßgebend ist beim Elternunterhalt die Lebensstellung, die dem Einkommen, Vermögen und sozialen Rang des Verpflichteten entspricht, mithin der gesamte individuelle Lebensbedarf einschließlich einer angemessenen Altersversorgung (Senatsurt. BGHZ 169, 59 = FamRZ 2006, 1511, 1512 m.w.N.).

[15] Daraus folgt aber auch, dass der angemessene Eigenbedarf beim Elternunterhalt nicht losgelöst von dem vorhandenen Einkommen bestimmt werden kann. Er richtet sich also nicht an einer festen Größe aus, sondern ist entsprechend den Umständen des Einzelfalls zu bemessen. Eine spürbare und dauerhafte Senkung seines berufs- und einkommenstypischen Lebensstandards braucht der Unterhaltspflichtige jedenfalls insoweit nicht hinzunehmen, als er nicht einen nach den Verhältnissen unangemessenen Aufwand betreibt oder ein Leben im Luxus führt. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Inanspruchnahme für den Unterhalt von Eltern in der Regel erst stattfindet, wenn der Unterhaltspflichtige sich selbst bereits in einem höheren Lebensalter befindet, seine Lebensverhältnisse demzufolge bereits längerfristig seinem Einkommensniveau angepasst hat, Vorsorge für sein eigenes Alter treffen möchte und dann unerwartet der Forderung ausgesetzt wird, sich an den für seine Eltern aufgrund deren Hilfs- und Pflegebedürftigkeit anfallenden Kosten zu beteiligen (Senatsurt. BGHZ 169, 59 = FamRZ 2006, 1511, 1512 m.w.N.).

[16] Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Unterhaltsanspruch der Eltern rechtlich vergleichsweise schwach ausgestaltet ist. Weil der gegenüber dem Elternunterhalt angemessene Eigenbedarf aber nicht durchgängig mit einem bestimmten festen Betrag angesetzt werden kann, sondern anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der besonderen L...

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