Wird gegen die Verbote des Embryonenschutzgesetzes verstoßen, fallen die abstammungsrechtlichen Konsequenzen unterschiedlich aus. Dreh- und Angelpunkt der abstammungsrechtlichen Beurteilung von Eizellenspende und Leihmutterschaft ist § 1591 BGB. Diese Vorschrift legt als Mutter eines Kindes unumstößlich die Frau fest, die das Kind geboren hat. Wird eine Eizellenspende durchgeführt, kommt § 1591 BGB den Wünschen der Beteiligten durchaus entgegen: Die mit der fremden Eizelle befruchtete Wunschmutter wird auch rechtlich als Mutter des Kindes angesehen, während die Eizellenspenderin abstammungsrechtlich von jeder Verantwortung freigestellt wird.

Demgegenüber werden in Fällen der Leihmutterschaft die Pläne der Wunscheltern durch § 1591 BGB durchkreuzt. Denn § 1591 BGB ordnet das Kind abstammungsrechtlich der Leihmutter zu, obwohl diese das Kind nicht behalten will, während die Wunschmutter selbst dann, wenn es sich genetisch um ihr Kind handelt, nicht als rechtliche Mutter anerkannt wird. Die einzige Chance für die Wunschmutter, rechtliche Mutter des Kindes zu werden, besteht darin, das Kind zu adoptieren.[8] Anders sieht es aus Sicht des deutschen Rechts bezüglich der väterlichen Abstammung aus, wenn die Leihmutter nicht verheiratet ist. Denn dann kann der Wunschvater das Kind selbst dann anerkennen, wenn es genetisch nicht mit ihm verwandt ist (§§ 1592 Nr. 2, 1595 Abs. 1 BGB).

Die Durchführung von Eizellenspenden und Leihmutterschaften wird durch die Strafandrohungen des Embryonenschutzgesetzes im Inland effektiv unterbunden. Viele ausländische Rechtsordnungen nehmen jedoch gegenüber der Eizellenspende und der Leihmutterschaft eine weniger restriktive Haltung ein als das deutsche Recht. Dadurch ist ein blühender Reproduktionstourismus entstanden. In Fällen eines Leihmutterschaftstourismus stellt sich naturgemäß die Frage, welche Rechtsordnung auf die abstammungsrechtlichen Beziehungen der Beteiligten überhaupt anwendbar ist. Darüber entscheidet unser internationales Privat- und Verfahrensrecht. Führen diese Regeln zur Maßgeblichkeit ausländischen Abstammungsrechts, so stellt sich die Rechtslage meist vollkommen anders dar. Denn in den Ländern, die die Durchführung der Leihmutterschaft erlauben, werden typischerweise die Wunscheltern auch rechtlich als Eltern des Kindes angesehen.[9] Um ein solches Ergebnis aus Sicht der deutschen Rechtsordnung "abwehren" zu können, kommt dann nur noch die Berufung auf den ordre public in Frage. Traditionell berief sich die in Deutschland wohl herrschende Meinung in Fällen des Leihmutterschaftstourismus tatsächlich auf den ordre public-Vorbehalt, um die leihmutterschaftsfeindlichen Wertungen des deutschen Abstammungsrechts möglichst durchzusetzen.[10] Doch vollzog sich in dieser Frage jüngst ein fundamentaler Richtungswechsel, der nicht zuletzt durch zwei Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte angestoßen und vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 10. Dezember 2014 bestätigt wurde.[11]

[8] Zu den Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen können, vgl. Botthof/Diel, StAZ 2013, 211 ff.
[9] Rechtsvergleichend etwa Helms, StAZ 2013, 114 ff.
[10] Vgl. dazu die Nachweise unten Fn 33.
[11] Vgl. die Nachweise oben Fn 1 und 2.

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