Sonstige Familiensachen nach § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG sind Verfahren, die aus der Ehe herrührende Ansprüche betreffen. Diese Ansprüche müssen ihren Grund unmittelbar in der Ehe haben, unabhängig davon, gegen wen sie sich richten, d.h. gegen den anderen Ehegatten oder Dritte.[28] Anders als bei § 266 Abs. 1 Nr. 1 und 3 FamFG genügt es jedoch nicht, dass die Ansprüche nur mit der Ehe im Zusammenhang stehen, sich also nur mittelbar daraus ergeben.[29] Nicht erforderlich ist, dass die Ansprüche während der Ehe geltend gemacht werden, denn ohne eine Trennung käme es in der Regel nicht zu einem gerichtlichen Verfahren.[30]

Materiell-rechtlich geht es um Ansprüche, die sich aus der in §§ 1353 ff. BGB niedergelegten Rechtspflicht zur ehelichen Gemeinschaft und zur Verantwortung füreinander ableiten lassen. Im Wesentlichen handelt es sich um Herstellungspflichten, Informationspflichten und Mitwirkungspflichten der Ehegatten sowie Abwehr- und Unterlassungsansprüche und Schadensersatzansprüche.

[28] BT-Drucks 16/6308, S. 262.
[29] BT-Drucks 16/6308, S. 263; Burger, FamRZ 2009, 1017, 1018.
[30] Burger, FamRZ 2009, 1017, 1018.

a) Herstellungsansprüche, Fürsorgeansprüche, Persönlichkeitsansprüche

Erfasst sind

der Anspruch auf (Wieder-)Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 BGB, sog. positiver Herstellungsantrag (wobei entsprechende Titel nicht vollstreckbar sind, § 120 Abs. 3 FamFG),[31]
der Anspruch auf (Wieder-)Herstellung der häuslichen Gemeinschaft, z.B. Einzug in eine Wohnung oder Einräumung der Nutzungsmöglichkeit der ehelichen Räume und Gegenstände,[32]
der Antrag auf Vornahme einer Heilbehandlung zum Zwecke der Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft,[33]
Anträge gegen den neuen Ehepartner auf Mitwirkung bei der Beaufsichtigung gemeinsamer Abkömmlinge und vorehelicher Kinder des Antragstellers,[34]
Anträge auf Fürsorge im Krankheitsfall, d.h. auf zumutbaren Beistand und Hilfe, nicht aber Pflege eines Schwerstbehinderten unter Aufgabe der eigenen Ausbildung oder Erwerbstätigkeit,[35]
Ansprüche auf Unterlassung des Öffnens der Post,[36]
Ansprüche auf Unterlassung der Herstellung von Tonbandaufnahmen oder der Beobachtung durch Dritte in der Wohnung,[37]
Ansprüche auf Unterlassung von Strafanzeigen gegen den Ehepartner, soweit der Anzeigenerstatter nicht berechtigte Interessen (z.B. an Sicherheit im Straßenverkehr) wahrnimmt,[38]
Anträge auf Feststellung des Rechts zum Getrenntleben, sog. negativer Herstellungsanspruch, denn diese gehören seit dem 1.9.2009 nicht mehr zu den Ehesachen i.S.d. § 121 FamFG.[39]
[31] BGH FamRZ 1971, 633, 634; OLG Frankfurt FamRZ 1982, 484.
[32] BGH NJW 1987, 1761, 1762 = FamRZ 1987, 981; BGH FamRZ 1981, 633, 634.
[33] OLG Frankfurt FamRZ 1982, 484.
[34] OLG Karlsruhe FamRZ 1961, 371, 373.
[35] BGH FamRZ 1995, 537.
[36] LG Bonn FamRZ 1967, 678.
[37] BGH NJW 1970, 1848.
[38] OLG Bamberg FamRZ 1987, 1264, 1265.
[39] BT-Drucks 16/6308, S. 226; Prütting/Helms/Heiter, § 266 FamFG Rn 44.

b) Vermögensrechtliche Pflichten

aa) Allgemeine Pflichten

Anspruch aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB während bestehender Ehegemeinschaft (bei Trennung besteht ein vorrangiger Güterrechtsanspruch aus § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BGB, der unter § 261 FamFG fällt) auf Unterrichtung über den wesentlichen Bestand des Vermögens, einschließlich des laufenden Einkommens und der Verwendung, jedenfalls eine Aufklärung in "groben Zügen",[40]
Anspruch auf Übertragung des Schadensfreiheitsrabatts für ein Kfz,[41]
Ansprüche aus einem Streit um die Zulässigkeit einer Teilungsversteigerung (Drittwiderspruchsantrag), wenn der Teilungsversteigerung des Familienheims die Einwendung aus § 1353 BGB entgegengehalten wird,[42]
Ansprüche aus anteiliger Haftung anlässlich der Beendigung eines Mietverhältnisses (rückständige Miete, Nebenkosten, Aufteilung der Nebenkostenabrechnung nach Trennung), soweit es sich nicht um Streitigkeiten aus § 1568a Abs. 5 BGB handelt.[43]
[41] OLG Hamm NJW-RR 2011, 1227; OLG Köln FamRZ 2003, 622; AG Olpe FamRZ 2010, 919 = BeckRS 2010, 14231.
[42] Prütting/Helms/Heiter, § 266 FamFG Rn 42; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 6. Aufl., Rn 26c.

aaa) Mitwirkungspflichten

Anspruch auf Zustimmung des jeweils anderen Ehegatten zur Mitwirkung an einer gemeinsamen steuerlichen Veranlagung, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen verringert und der auf Zustimmung in Anspruch genommene dadurch keiner Belastung ausgesetzt ist,[44]
Anspruch gegen den Insolvenzverwalter auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des anderen Ehegatten,[45]
Anspruch auf Zustimmung des jeweils anderen Ehegatten zur Mitwirkung an einer gemeinsamen steuerlichen Veranlagung auch im Jahr der Trennung, wenn Ehegattenunterhalt gezahlt wurde,[46] zum Zahlungsanspruch s.u.
[44] BGH FamRZ 2012, 357; BGH FamRZ 2010, 269, 270; OLG Bremen NJW 2011, 2145, 2146.
[45] BGH FamRZ 2011, 210, 212; Horndasch/Viefhues/Cremer, § 266 FamFG Rn 19.

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