Der Entwurf eines "Gesetzes zur Reform des Sorgerechts nicht miteinander verheirateter Eltern" setzt die Maßgaben positivrechtlich um, die dem Gesetzgeber durch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts vorgegeben wurden.

Es wird ausdrücklich begrüßt, dass für zukünftige Entscheidungen eine Gesetzesgrundlage geschaffen wird. Soweit hierdurch die Sorgerechtssituation von Kindern nicht miteinander verheirateter Eltern verbessert wird, findet der vorgelegte Entwurf die Zustimmung des DAV. Inhaltlich verbleibt der DAV bei der in seiner Stellungnahme Nr. 30/2012 vom 28.3.2012 vertretenen Auffassung.[1]

Regelungen zum Sorgerecht sind allein aus der Sicht des Kindes und unter Berücksichtigung des Kindeswohls zu treffen.

Die gemeinsame elterliche Verantwortung sollte nicht abhängig sein vom Familienstand der leiblichen Eltern, da dieser als Kriterium für das Kindeswohl untauglich ist. Mit der rechtlichen Feststellung der Vaterschaft – sei es durch Anerkennung oder durch Vaterschaftsfeststellung – obliegt die Verantwortung für das Kind beiden Elternteilen gleichermaßen.

Vor der rechtlichen Vaterschaftsfeststellung steht die elterliche Sorge allein der Mutter zu, da das Kind ab seiner Geburt eine Person haben muss, die für das Kind rechtsverbindlich handeln kann.

Danach gebietet es das Kindeswohl, dass beide Elternteile die Verantwortung für das Kind gemeinsam tragen und damit die elterliche Sorge ausüben.

Dem steht nicht entgegen, dass bei nichtehelich geborenen Kindern eine Vielzahl von Konstellationen denkbar sind, auch solche, in denen die Eltern ohne jede feste Beziehung zueinander stehen (vgl. insofern Salzgeber, in: FamRZ 2011, 945 ff.). Die Art und Organisation des Zusammenlebens der Eltern erfordert nur dann eine differenzierende rechtliche Lösung der gemeinsamen Sorge, wenn die Elternbeziehung im Einzelfall eine gemeinsame Übernahme der Verantwortung nicht ermöglicht.

Auch der DAV verkennt nicht, dass im Einzelfall die Übernahme der Verantwortung für ein Kind von einem Elternteil abgelehnt wird. Er ist aber der Auffassung, dass diese Annahme nicht grundsätzlich bei nicht miteinander verheirateten Eltern zu bejahen und bei miteinander verheirateten Eltern zu verneinen ist.

Die gemeinsame Verantwortung beider Elternteile entspricht – im Grundsatz – dem Kindeswohl am besten. Von diesem Grundsatz muss daher bei der gesetzlichen Regelung des Sorgerechts ausgegangen werden.

Im Einzelfall mag dieser Grundsatz dem Kindeswohl zuwider laufen. Für diese Fälle ist im Gesetz aber bereits Vorsorge getroffen. Gelingt es den Eltern nicht, die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl gemäß auszuüben, so schafft § 1671 BGB die gesetzliche Grundlage dafür, dass das Gericht Korrekturen vornehmen kann. Es wäre aber verfehlt, bei Kindern nicht miteinander verheirateter Eltern diese Korrektur quasi zum Grundsatz zu erheben.

Dem DAV ist es wichtig, die Gleichstellung aller Kinder (Art. 6 Abs. 5 GG) zu verwirklichen und die Rechte der Kinder von nicht miteinander verheirateten Eltern zu stärken. Die Wertung, die Vorschläge des DAV würden allein die Rechte der Väter stärken, greift daher zu kurz.

Soweit Entscheidungen über das Kindeswohl zu treffen sind, sollten diese – ohne bürokratische Hürden – vom Gericht nach fachkundiger Beratung getroffen werden.

Dem Vorschlag des DAV folgend können die Bestimmungen der §§ 1626b bis 1626e BGB ersatzlos aufgehoben werden. Einer gemeinsamen Sorgeerklärung bedarf es nicht mehr. Hierdurch werden auch die Jugendämter von bürokratischen Aufgaben befreit.

Die Familiengerichte sollten nur dann eingeschaltet werden, wenn Konflikte der Eltern im Verhältnis zum Kind oder Konflikte zwischen den Eltern entstehen. Ob die Eltern miteinander verheiratet sind oder nicht, ist nicht relevant. Verfehlt ist es, diese Konflikte lediglich in einem "vereinfachten" Verfahren formal zu lösen. Das Familiengericht hat sich vielmehr bei allen notwendigen Entscheidungen der Fachkompetenz der Jugendämter zu bedienen, die ehedem Beteiligte eines Kindschaftsverfahrens im Sinne des FamFG sind. Verfehlt ist es weiter, innerhalb dieser Verfahren mit kurzen Fristen und dem Gebot der Schriftlichkeit zu operieren.

Der DAV verbleibt daher bei seiner Forderung, dass

Darüber hinaus regt der DAV an, darüber nachzudenken, ob die Bestimmung des § 1687 BGB im Rechtsverkehr des Kindes mit Behörden und sonstigen Einrichtungen nicht dahingehend erweitert werden soll, dass dritten Personen ein Vertrauensschutz insofern zustehen sollte, als sie auf das Alleinvertretungsrecht des betreuenden Elternteils vertrauen dürfen.

Zu den einzelnen Änderungsvorschlägen nehmen wir wie folgt Stellung:

mit der rechtlichen Feststellung der Vaterschaft des Kindes automatisch beiden Eltern das gemeinsame Sorgerecht zusteht,
das gemeinsame Sorgerecht aufzuheben ist, wenn dies von einem Elternteil beantragt wird und Gründe des Kindeswohls eine Aufhebung der gemeinsamen Sorge notwendig machen,
die Entscheidung über die Aufhebung der ...

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