Völker/Clausius 7. Auflage 2016, 816 Seiten, 94 EUR, Deutscher Anwaltverlag

Die jetzige 7. Auflage ist die fünfte Neubearbeitung des Buches durch Völker und Clausius seit der Weiterführung des von Oelkers begründeten Werks ab 2010. Die dichte Folge der Neuauflagen ist vor allem der Aktualität der Darstellung des Kernbereichs des Kindschaftsrechts, den die elterliche Sorge, der Umgang und die Kindesherausgabe bilden, geschuldet. Daneben haben die Verfasser fortlaufend die Themenbereiche erweitert und die Darstellung vertieft. Dies schlägt sich auch im Umfang des Buches nieder, der gegenüber der Vorauflage um rund 100 Seiten auf jetzt 816 Seiten zugenommen hat.

Dies beruht vor allem auf gesetzlichen Änderungen und der hierzu ergangenen Rechtsprechung (§ 1626a BGB: gemeinsame Sorge von nicht miteinander verheirateten Eltern; § 1686a BGB: Regelung des Umgangs des Kindes mit dem leiblichen, nicht rechtlichen Vater). Unabhängig davon hat der BGH in den letzten beiden Jahren in deutlich größerem Umfang als sonst zu grundsätzlichen Fragen aus dem Bereich des Kindschaftsrechts Stellung genommen (Entziehung des Umgangsbestimmungsrechts; Anforderungen an die Übertragung des Entscheidungsrechts nach § 1628 BGB; Eingriffsschwelle sowie Bestimmung des verhältnismäßigen Mittels bei Schutzmaßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB). Daneben enthalten diese Entscheidungen wichtige Aussagen zur grundsätzlichen Pflicht zur Anhörung des betroffenen Kindes, gegen die immer wieder – auch in der Beschwerdeinstanz – verstoßen wird, und zur Tätigkeit von Sachverständigen und zur kritischen Auseinandersetzung mit deren Gutachten. Auch die Entscheidungen der Instanzgerichte und die in der Literatur vertretenen Auffassungen werden in dem gebotenen Umfang berücksichtigt. Dabei zeichnet sich die Darstellung dadurch aus, dass sie sehr klar und verständlich ist und die unter mehrfachen Aspekten wichtigen Entscheidungen in den jeweiligen Bereichen behandelt werden. Die Beschränkung des sehr umfangreichen Fußnotenwerks nicht nur auf Fundstellen und Zitate, sondern die vielfach vorgenommene Erweiterung um inhaltliche Hinweise erleichtert die Lesbarkeit des Haupttextes und zeigt dem Leser an, ob das Zitat z.B. über die reine Belegfunktion hinaus aufgrund eines weiteren Aspekts oder einer Sachverhaltsvariante von besonderem Interesse sein könnte.

Das Wechselmodell, das nicht für einen kurzfristigen Trend steht, sondern Ausdruck einer tiefgreifenden Änderung der Kindesbetreuung nach Trennung und Scheidung ist, wird umfangreich mit allen dazu vertretenen Positionen, die kritisch gewürdigt werden, dargestellt. Die Entscheidung des BGH vom 1.2.2017 konnte nicht berücksichtigt werden, da sie erst nach dem Erscheinen der Neuauflage ergangen ist. Der BGH hält – im Gegensatz zu den Verfassern – die Anordnung einer paritätischen Betreuung des Kindes durch beide Eltern im Wege einer Umgangsregelung für möglich, schränkt dies jedoch sofort wieder dahin ein, dass ein solches Wechselmodell bei einer Belastung des Verhältnisses der Eltern untereinander durch erhebliche Konflikte in der Regel nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes liege. Das legt es nahe, darauf hinzuweisen, dass die Regelung der Elternbefugnisse in § 1687 BGB für solche Fälle ungeeignet ist, da nach Abs. 1 S. 4 dieser Bestimmung der umgangsberechtigte Elternteil lediglich in Angelegenheiten des Kindes von tatsächlicher Bedeutung allein entscheidungsbefugt ist. Das bedeutet, dass in den damit nicht zu verwechselnden Angelegenheiten des täglichen Lebens und den Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung stets ein Einvernehmen der Eltern erforderlich ist. Sind die Eltern zu einer Kooperation nicht bereit oder in der Lage, besteht die Gefahr, dass sie sich in vielen Angelegenheiten des Kindes gegenseitig blockieren.

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Ausführungen zum Sachverständigengutachten (§ 1 Rn 394 ff.), das in den meisten Fällen, in denen es eingeholt wird, die gerichtliche Entscheidung maßgeblich beeinflusst und dabei im Ergebnis nicht selten über die bloße Hilfestellung hinausgeht. Vielleicht sollte mit Blick auf die teilweise immens hohen Kosten dieser Gutachten hervorgehoben werden, dass die Beanstandung der Verwertbarkeit eines Sachverständigengutachtens im Rahmen der Beschwerde gegen die Kostenrechnung nach § 20 FamGKG fast nie zum Erfolg führt. Es ist daher ratsam, die Einwendungen bereits vor der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorzubringen, um dem Gericht, das sich im Verfahren mit dem Gutachten sachlich auseinandersetzen musste, Gelegenheit zu geben, dies bei der Kostenentscheidung nach § 81 FamFG zu berücksichtigen (§ 10 Rn 9; OLG Frankfurt, FamRZ 2016, 479).

Hervorzuheben ist auch die gelungene Darstellung des Jugendhilferechts anhand der Schnittstellen zwischen Familiengericht und Jugendamt unter besonderer Berücksichtigung der anwaltlichen Perspektive (§ 12). Dort wird z.B. neben Förderungsmaßnahmen des Jugendamts im Rahmen von Hilfeplänen, der Inobhutnahme eines Kin...

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