1. Der Steuergesetzgeber hat uns Ende 2011 nicht das gewohnte Jahressteuergesetz beschert, sondern das Steuervereinfachungsgesetz 2011 (StVerG).[1] Ob die Neuregelungen diesen Namen verdienen, soll vorliegend nicht weiter vertieft werden. Jedenfalls enthält das Gesetz eine Reihe von Änderungen, die für das Familienrecht relevant sind und für Familien im Allgemeinen in Teilbereichen Entlastungen mit sich bringen.

2. Die für das Familienrecht bedeutsamste Änderung betrifft den Bereich der Veranlagung (ab 2013). Die im Referentenentwurf (StVerG-E) vorgesehenen Regelungen wurden glücklicherweise nicht umgesetzt, da sich hierdurch eine erhebliche Erschwernis in Bezug auf die Durchsetzung von bestimmten Veranlagungsformen ergeben hätte. So sah § 26 Abs. 2 S. 4 EStG StVerG-E vor:

Zitat

Die Wahl der Veranlagung innerhalb eines Veranlagungszeitraumes kann nach Eingang der Steuerklärung bei der zuständigen Finanzbehörde nicht geändert oder widerrufen werden.

Damit wären in der familienrechtlichen Praxis alle einseitigen Erklärungen mit dem Antrag auf Durchführung einer getrennten Veranlagung nicht mehr abänderbar gewesen und insbesondere der einseitigen Totalrevision eines abgeschlossenen Lebenssachverhaltes Tür und Tor geöffnet worden.[2] Gerichtliche Anträge auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung hätten nicht mehr zu einer erfolgreichen Umsetzung führen können. Es wäre nur noch der Weg über den Schadensersatzanspruch verblieben. Auch eine spätere Änderung hätte nicht zu einer Nachholung der Zusammenveranlagung geführt. Der angedachte § 32e EStG StVerG-E hätte nur zu einer begrenzten Korrekturmöglichkeit in Form einer Vergleichsberechnung bezogen auf den Änderungsumfang geführt. Dieser gesetzliche Entwurf ist nicht umgesetzt worden. Gleichwohl wurde § 26 Abs. 2 EStG wie folgt neu gefasst:

Zitat

Die Wahl der Veranlagung innerhalb eines Veranlagungszeitraumes kann nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides nur noch geändert werden, wenn

1. ein Steuerbescheid, der die Ehegatten betrifft, aufgehoben, geändert oder berichtigt wird und

2. …

Nach dem Wortlaut der Regelung bleibt damit zumindest die bisherige Situation, dass bei fehlender Zustimmung bis zum Eintritt der Bestandskraft der gerichtliche Antrag auf Zustimmung noch zur Umsetzung gelangen kann, bestehen.

Die in den nachfolgenden Ziffern von § 26 Abs. 2 EStG-StVerG geregelten sonstigen nachträglichen Wahlmöglichkeiten schränken die bislang sehr weitgehenden Änderungsmöglichkeiten erheblich ein, wobei der Unterschiedsbetrag aus der Differenz der festgesetzten Einkommensteuer entsprechend der bisher gewählten Veranlagungsart und der festzusetzenden Einkommensteuer, die sich bei einer geänderten Ausübung des Wahlrechtes ergeben würde, positiv sein muss.

In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch die Regelung des § 25 Abs. 3 EStG geändert wurde, die die Unterschrift beider Ehegatten im Falle der Zusammenveranlagung fordert. Die Neuregelung enthält aber lediglich redaktionelle Änderungen, ohne von dieser Anforderung abzuweichen. Die Unterschriftsleistung wird zukünftig ohnehin zusätzlich unter dem Aspekt der elektronischen Steuerklärung zu betrachten sein.[3]

Hiervon unberührt bleibt wiederum § 26 Abs. 3 EStG, der, ebenfalls nur redaktionell verändert, feststellt, dass bei Nichtausübung der Wahlrechte (auch nicht wirksamer Ausübung) im Rahmen einer Veranlagung eine Zusammenveranlagung durchzuführen ist. Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass die weitere Unterschrift des anderen Ehegatten gemäß § 25 Abs. 3 EStG entbehrlich ist.

Diese Regelungen treten erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2013 in Kraft.

Ab 2013 entfällt darüber hinaus der Begriff der getrennten Veranlagung, so dass im Bereich der Ehegattenveranlagung die Zusammenveranlagung und die Einzelveranlagung von Ehegatten möglich ist und außerhalb der Ehegattenveranlagung, d.h. nach Ablauf des Trennungsjahres, nur noch die bisherige Einzelveranlagung greift.

Die bisher 7 Veranlagungs- und Tarifvarianten werden dann auf 4 Alternativen reduziert, nämlich die Einzelveranlagung mit Grundtarif, das "Witwen-Splitting", das Sondersplitting im Trennungsjahr (s. nachfolgend) und die Zusammenveranlagung.

War ein Steuerpflichtiger in dem zu veranlagenden Jahr mehr als einmal verheiratet, kann das Wahlrecht nur für die neue Ehe ausgeübt werden. Der frühere Ehegatte, der nicht wieder verheiratet ist, wird einzeln veranlagt und gemäß § 32a Abs. 6 S. 1 Nr. 2 EStG nach dem Splittingtarif besteuert. § 26c EStG wird aufgehoben.

3. Im Rahmen der bisherigen getrennten Veranlagung von Ehegatten und zukünftigen Einzelveranlagung führt § 26a Abs. 2 EStG StVerG ab 2013 ebenfalls eine bedeutsame Änderung ein:

Zitat

Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung nach § 35a werden demjenigen Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten werden sie jeweils zur Hälfte abgezogen …

Der neue Abs. 2 S. 2 entspricht im Wesentlichen der bisher...

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