Die beiden oben gebildeten Fälle stellen sicherlich Extrempositionen dar. Sie führen zwangsläufig zu einer bestimmten Vorgehensweise und dann auch zu einem ganz bestimmten Ergebnis. Natürlich gibt es in der täglichen Praxis nicht nur schwarz oder weiß. Oftmals sind es Nuancen, die darüber entscheiden, welche Taktik verfolgt werden muss.[19] Mit dem Mandanten muss aber immer – schon aus Haftungsgründen urkundlich nachweisbar! – erörtert werden, was gerade in seinem Einzelfall für oder gegen eine Vorgehensweise im Verbund spricht. Sofern nicht gravierende Nachteile bestehen, ist die Vorgehensweise im Verbund im Zweifel nicht angebracht.

Gravierende Nachteile einer separaten Rechtsverfolgung wären insbesondere:[20]

Nur für die Dauer des Getrenntlebens besteht ein sicherer Unterhaltsanspruch. Der Unterhalt nach einer Ehescheidung ist zweifelhaft (siehe Beispielsfall).
Es besteht noch eine Familienversicherung. Insbesondere dann, wenn die freiwillige Weiterversicherung teuer und manchmal sogar unbezahlbar ist, kann dies entscheidend für die Verbundlösung sprechen. Dies betrifft vor allem die Scheidung eines Beamten, dessen Ehefrau bislang nicht pflichtversichert war.
Die "biologische Lösung" (sprich: Witwenrente) erscheint "lukrativer" als eine Regelung über den Versorgungsausgleich, der unter Umständen sogar mittels eines Ehevertrages wirksam ausgeschlossen wurde.
Die Kosten in einem getrennten Unterhaltsverfahren sind natürlich höher als bei einer Gesamtlösung. Andererseits ist hierbei allerdings auch die mögliche Vorschusspflicht gemäß § 1360a Abs. 4 BGB zu beachten. Für den Fall der Verfahrenskostenhilfe ist in diesem Zusammenhang der Hinweis auf eine Mutwilligkeit durch eine getrennte Rechtsverfolgung (vgl. § 114 Abs. 1 ZPO) kein durchschlagendes Argument. Seit langem ist in der Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof geklärt, dass die selbstständige Verfolgung sowohl im Verbund als auch außerhalb des Verbundes möglich ist. In diesem Zusammenhang hat der BGH alleine schon den Kostenvorteil, der sich über die separate Familienstreitsache ergibt, als hinreichendes Argument für eine getrennte Rechtsverfolgung angeführt.[21] Zusätzlich wäre gegen das Argument der Mutwilligkeit vor allem auf den Gesichtspunkt des Zinsverlustes zu verweisen.[22]
[19] Vgl. hierzu Rossmann, a.a.O., Rn 3450 ff.
[20] Vgl. Kogel, a.a.O., Rn 1375 ff.
[21] Vgl. BGH FamRZ 2005, 786 m. Anm. Viefhues, FamRZ 2005, 881.
[22] Zum Zeitpunkt der Entscheidung des BGH konnte damals zusätzlich noch auf die ungünstigen Rechtsfolgen des § 1378 Abs. 2 BGB a.F. verwiesen werden, vgl. hierzu ausführlich Kogel, a.a.O., Rn 1493 ff.

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