Es besteht grundsätzlich die Obliegenheit, in vollschichtigem Umfang erwerbstätig zu sein. Macht der Unterhaltspflichtige eine Ausnahme geltend, hat er die dafür maßgeblichen Gründe konkret darzutun und zu beweisen. So kann ein unterhaltsrechtlich vorwerfbarer Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit auch für den erwerbsfähigen, Leistungen nach dem SGB II beziehenden Unterhaltspflichtigen zur Zurechnung fiktiver Einkünfte führen. Der Bezug von Leistungen nach dem SGB II bedeutet nicht, dass der Bezieher erwerbsunfähig ist. § 8 Abs. 1 SGB II geht davon aus, dass der Leistungsempfänger in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die unterhaltsrechtlich gebotenen Erwerbsbemühungen sind daher auf die Erlangung einer entsprechenden Erwerbstätigkeit auszurichten. Gereichen unterbliebene oder unzureichende Bemühungen dem Unterhaltspflichtigen zum Vorwurf, können fiktive Einkünfte gleichwohl nur in einer Höhe fiktiv zugerechnet werden, die er unter Berücksichtigung seiner Lebens- und Erwerbsbiografie, seines Gesundheitszustandes und der Situation auf dem ihm eröffneten Arbeitsmarkt realistischer Weise erzielen könnte.[24] Als realistisch erzielbar kann auch ein Einkommen angesehen werden, das der Unterhaltspflichtige in der Vergangenheit – wenn auch nur vorübergehend – tatsächlich erzielt hat.[25]

[24] KG, Beschl. v. 25.2.2015 – 13 WF 263/14, FF 2015, 249 = NJOZ 2015, 1199 = FamRZ 2015, 1972.
[25] OLG Hamm, Beschl. v. 23.12.2015 – 2 UF 213/15, BeckRS 2016, 02903 bespr. von Schäfer, NZFam 2016, 320.

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