[1] I. Die Beteiligten zu 1 (im Folgenden: Vater) und 2 (im Folgenden: Mutter) sind die geschiedenen Eltern ihres im April 2003 geborenen Sohnes K. Sie sind gemeinsam sorgeberechtigt. Der Sohn hält sich überwiegend bei der Mutter auf. Die Eltern trafen im Januar 2013 eine Umgangsregelung, nach welcher der Sohn den Vater alle 14 Tage am Wochenende besucht. Außerdem vereinbarten sie den Umgang in den Weihnachtsferien 2013. Der Ferienumgang wird seither von den Eltern einvernehmlich festgelegt.

[2] Der Vater erstrebt im vorliegenden Verfahren die Anordnung eines – paritätischen – Wechselmodells als Umgangsregelung. Er will den Sohn im wöchentlichen Turnus abwechselnd von Montag nach Schulschluss bis zum folgenden Montag zum Schulbeginn zu sich nehmen, außerdem erstrebt er die gleiche Aufteilung der Ferien und Feiertage sowie eine gegenseitige Information der Eltern über die Belange des Kindes. Das Amtsgericht hat den Antrag des Vaters zurückgewiesen. Dessen Beschwerde ist vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er sein Begehren weiter.

[3] II. Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

[4] 1. Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2016, 2119 veröffentlichte Entscheidung damit begründet, das vom Vater begehrte Wechselmodell könne aus rechtlichen Gründen nicht angeordnet werden. Deshalb sei auch von der persönlichen Anhörung des Kindes abgesehen worden. Das Wechselmodell sei rechtssystematisch der Ausübung der elterlichen Sorge zuzuordnen. Das Umgangsrecht ermögliche dem Elternteil, in dessen Obhut das Kind nicht lebe, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen aufrechtzuerhalten, um einer Entfremdung vorzubeugen, sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen. Das Umgangsrecht diene dagegen nicht der gleichberechtigten Teilhabe beider Eltern am Leben ihrer Kinder. Es sei vom Aufenthaltsbestimmungsrecht abzugrenzen, das Teil der elterlichen Sorge sei. Umgangsanordnungen müssten ihre Grenze spätestens dort finden, wo sie zu einer Änderung oder Festlegung des Lebens mittelpunkts des Kindes führen würden, was jedenfalls bei einer Anordnung der hälftigen Betreuung durch die Eltern und damit eines doppelten Lebensmittelpunkts des Kindes der Fall wäre. Es bestehe deshalb keine Möglichkeit, im Rahmen des Umgangsrechts ein paritätisches Wechselmodell anzuordnen. Auch aus verfassungsrechtlicher Sicht bestehe keine Verpflichtung des Gesetzgebers, bei fehlender Einigkeit der Eltern eine paritätische Betreuung als Regelfall vorzusehen.

[5] Nur ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass nach den durchgeführten Ermittlungen auch die materiellen Voraussetzungen für ein Wechselmodell nicht vorlägen. Ein Wechselmodell stelle hohe Anforderungen an die Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit beider Eltern. Es könne deshalb nicht gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden. Die Annahme des Vaters, das Wechselmodell habe deeskalierende Wirkung, lasse sich nicht belegen. Vielmehr ergäben sich Anhaltspunkte dafür, dass eine gerichtliche Verordnung und rigide Durchführung des Wechselmodells zu Belastungen des Kindes beitrüge. Auch in der Anhörung der Eltern sei deutlich geworden, dass sich der Wunsch des Vaters mehr am eigenen Bedürfnis, ein gleichberechtigter Elternteil zu werden, als an den Bedürfnissen des Kindes orientiere. Es sei nicht zu erkennen, wie die Eltern den hohen Abstimmungsbedarf im Rahmen eines wöchentlichen paritätischen Wechselmodells bewältigen könnten, ohne dass das Kind zum ständigen Informationsträger zwischen ihnen werde. Auf die daraus resultierende Belastung habe schon das Jugendamt hingewiesen.

[6] 2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.

[7] a) Nach § 1684 Abs. 1 BGB hat ein Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil und ist jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Gemäß § 1684 Abs. 3 S. 1 BGB kann das Familiengericht über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Bei dem Verfahren betreffend den Umgang zwischen Eltern und Kind nach § 1684 BGB handelt es sich um ein grundsätzlich nicht antragsgebundenes Verfahren (vgl. Senatsbeschl. v. 6.7.2016 – XII ZB 47/15, FamRZ 2016, 1752 Rn 46 f.; v. 1.2.2012 – XII ZB 188/11, FamRZ 2012, 533 Rn 21 und v. 27.10.1993 – XII ZB 88/92, FamRZ 1994, 158; OLG Hamm FamRZ 1982, 94; Staudinger/Rauscher, BGB, 2014, § 1684 Rn 158 m.w.N.; Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 6. Aufl., § 1684 BGB Rn 21).

[8] Entscheidender Maßstab ist hierbei das Kindeswohl. Das Familiengericht hat grundsätzlich die Regelung zu treffen, die – unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Eltern – dem Kindeswohl nach § 1697a BGB am besten entspricht (BVerfG FamRZ 2010, 1622, 1623). Bei einem Ausschluss ...

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