"Alter Wein in neuen Schläuchen?" Der Leser der Entscheidung könnte geneigt sein, dies zu glauben. Eigentlich bestätigt der Beschluss doch nur die seit jeher vertretene Rechtsansicht des BGH, wonach die dingliche Rückforderung des zugewendeten Gegenstandes lediglich in Ausnahmefällen erfolgen konnte. Damit würde aber die Bedeutung des Beschlusses verkannt. Er hat weitreichende Auswirkungen sowohl auf die Rückforderungsansprüche der Schwiegereltern als auch für die Zugewinnausgleichsberechnung der Eheleute untereinander.

1. Worum ging es? Fünf Jahre nach Eheschließung übertrug der Vater das Eigentum an seinem Haus auf seine Tochter und den Schwiegersohn zu je ½. Zwar hatte er sich ein Wohnrecht vorbehalten. Eine Absicherung für den Scheidungsfall erfolgte aber nicht. Zehn Jahre später ging die Ehe in die Brüche. Der Schwiegersohn stellte Teilungsversteigerungsantrag. Der Vater trat seine Ansprüche an die Tochter ab. Sie verlangt die Rückübertragung des ½-Anteils. Damit will sie wohl die Teilungsversteigerung unterlaufen. Der Antrag wird erst vier Jahre nach Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses eingereicht. Die Vorinstanz hatte als denkbaren Anspruch einen dinglichen Rückforderungsanspruch in den Raum gestellt, diesen aber von vornherein wegen Verjährung gem. § 195 BGB ausgeschlossen. Revisionsrechtlich war der BGH an diese Vorgabe gebunden. Daher musste er prüfen, ob insoweit eine 3- oder 10-jährige Verjährungsfrist gilt. Bekanntlich ist im Jahre 2010 eine grundlegende Änderung in der Rechtsprechung eingetreten.[1] Bis dahin wurde die Lösung allein im Zugewinnausgleichsrecht gesucht. Zuwendungen an das Schwiegerkind waren nicht privilegiert. Das eigene Kind konnte über den Zugewinn zumindest die Hälfte der Zuwendung zurückfordern. Auf die vielfältige Kritik gegen diese Rechtsprechung[2] geht die Entscheidung erst gar nicht mehr ein. Man wird sich wohl von der Hoffnung einer erneuten Rechtsprechungsänderung verabschieden müssen.

2. Bereits nach der früheren Judikatur konnten Zuwendungen der Schwiegereltern nur in den seltensten Ausnahmefällen rückgefordert werden. In Betracht zog der BGH dies allenfalls dann, sofern existentielle Bedürfnisse des Übertragenden gefährdet erschienen. Dies galt vor allen Dingen bei einem Wohn- oder Pflegerecht oder, falls ansonsten die Altersversorgung gefährdet war.[3] Selbst nach der geänderten Qualifikation einer Zuwendung im Sinne einer Schenkung hält der BGH an dieser Rechtsprechung im Verhältnis 1:1 fest. Mit Ausnahme ganz seltener Fallgestaltungen haben Anträge auf dingliche Rückführung also nach wie vor in der Praxis so gut wie keine Erfolgsaussichten. Sofern dies im Einzelfall doch einmal in Betracht kommen sollte, kann allenfalls eine Verurteilung Zug um Zug gegen eine angemessene Ausgleichszahlung in Betracht kommen (Rn 29). Zusätzlich sei folgende Überlegung gegen einen Rückforderungsanspruch gestattet: Sofern dieser Gesichtspunkt für die Zuwendenden von solch existentieller Bedeutung war, fragt man sich, warum trotz notarieller Beratung in der Urkunde kein irgendwie geartetes "Sicherungstrapez" zugunsten des Übertragenden vorgesehen wurde. Statistisch werden heutzutage ⅓ der Ehen geschieden.[4] Es muss also schon ein gehöriges Maß an Naivität vorhanden sein, diesen doch gar nicht unwahrscheinlichen Fall des Fortfalls der Geschäftsgrundlage auszublenden. Verdient derjenige, der sich so leichtsinnig verhält, tatsächlich den Schutz eines umfassenden dinglichen Rückforderungsanspruches? Mit ihrem eigentlichen Ziel auf Rückforderung wird die Antragstellerin dieses Verfahrens nach Rückverweisung wohl kaum Erfolg haben. Nach der sehr skeptischen Einschätzung des Senats dürfte dies unschwer vorherzusagen sein.

3. Die Entscheidung enthält eine wesentliche Einschränkung des Rückforderungsanspruches. Geht eine Ehe auseinander, entfällt zwar die Geschäftsgrundlage. In der Praxis gehen die Beteiligten sofort zu Verhandlungen über, in welcher Höhe eine entsprechende Forderung besteht. Dabei sind Prognosen über ein Ergebnis so sicher wie der Blick in die Glaskugel. Die vom BGH für die Einzelfallabwägung erneut angegebenen Kriterien, wie

Dauer der Ehe,
wirtschaftliche Verhältnisse der Eheleute sowie der Schwiegereltern,
vorhandene Vermögenswerte,
Erwartung des Zuwendenden hinsichtlich des Erfolges

sind nach wie vor wenig hilfreiche Allgemeinplätze. Aus Anwaltssicht gleicht die anzustellende Prognose einem Vabanquespiel.[5] Der Wegfall der Geschäftsgrundlage als solcher führt nun aber keineswegs automatisch dazu, nur noch über die Höhe zu streiten. Weiteres Schlüssigkeitsmerkmal für den Anspruch ist die vorrangige Frage, ob ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden kann. Insoweit ist bereits beim Anspruchsgrund detailliert vorzutragen, welche Erwartungen der Zuwendende hatte. Wieso verlangt die spätere Fehlentwicklung nunmehr angeblich eine Anpassung des Vertrages?

4. Überzeugend begründet sind die Ausführungen zur Verjährungsfrage. Zum einen stellt § 196 BGB allein auf den ...

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