War es die Überhöhung des Geschiedenenunterhalts durch die genannte Rechtsprechung, die den Gesetzgeber zu einer Gegenreaktion veranlasste? War es der Druck der zahlreichen Männer- und Väterverbände, die seit 1977 gegen das von ihnen so genannte Scheidungsunrecht kämpfen? Jedenfalls kam noch im selben Jahr 2004, in dem der Bundesgerichtshof seine Kernbereichslehre verkündet hatte, aus dem Bundesministerium der Justiz die Kunde, dass eine Revision des Unterhaltsrechts vorbereitet werde. Dieses solle die Eigenverantwortung der geschiedenen Ehegatten stärken, das Kindeswohl fördern und das Unterhaltsrecht vereinfachen.

Als die Entwurfstexte bekannt geworden waren, gab es neben verbreitetem Beifall auch kritische Stimmen, es kam aber zunächst nicht zu einem Aufschrei des Protestes. Zunächst schien es, als werde der Regierungsentwurf vom 7.4.2006[30] in der großen Koalition von CDU/CSU und SPD das Gesetzgebungsverfahren problemlos passieren. Nicht einmal aus Bayern kamen Protestschreie. Erst im Laufe der parlamentarischen Behandlung entzündete sich innerhalb der Koalition ein das Projekt gefährdender Streit, insbesondere um den § 1570 BGB. Das führte zu hektischen Beratungen im Sommer 2007 und schließlich zu einem Gesetzestext,[31] der als typisches Produkt eines schlecht ausgehandelten und schlecht verlautbarten politischen Kompromisses erscheint und fast alle damals streitigen Fragen in die Begriffe der Billigkeit und Unbilligkeit verlagert.

Die einzelnen Regelungen des heute geltenden Gesetzes brauche ich einem fachkundigen Publikum nicht erläutern. Evident ist, dass das Gesetz die Aussichten auf nachehelichen Unterhalt beträchtlich gesenkt hat, die Charts gehen folglich auf Talfahrt.

[30] BT-Drucks 16/1830.
[31] Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007 (BGBl I 3189).

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