Klippel/Löhnig/Walter2016, 206 Seiten, 78 EUR, Gieseking Verlag

Das Buch enthält die erweiterte und vertiefte Fassung von Vorträgen, gehalten auf einem Symposium Anfang Oktober 2016 in Regensburg aus Anlass des 80. Geburtstags von Dieter Schwab. Es handelt sich um neun – und das sei vorweggenommen, äußerst lesenswerte – Analysen von Grundlagen, Grundfragen und Grundbegriffen des Bürgerlichen Rechts aus unterschiedlichen Perspektiven.

Den Auftakt macht Stefan Arnold, Universität Graz, aus der Perspektive der Rechtsphilosophie mit der These, dass sich die Idee der Gerechtigkeit für die Begründung der Rationalität und Bestimmtheit des Rechts fruchtbar machen lasse. Dieser Beitrag müsste alle Landesjustizverwaltungen zum Kauf des Werks veranlassen, erörtert Arnold neben der Idee der Gerechtigkeit auch die herausragende Rolle, die der jeweiligen Entscheidungsbegründung bei der Konkretisierung von Rechtsinhalten zukommt, da das Recht nicht auf jede Frage eine klare Antwort gibt (z.B. §§ 138, 242 BGB). Die daraus gezogene Schlussfolgerung, dass so eine gewisse Irritation erklärbar sei, die sehr karg begründete Urteile auslösen können, sollte den Beitrag zur Erstausstattung jedes Richters machen!

Michael Zwanzger, Universität Leipzig, übernimmt die Perspektive der Rechtsgeschichte unter der Überschrift "Szenen einer Ehe" und setzt sich mit dem Verhältnis von Rechtsgeschichte und Zivilrechtswissenschaft in ebenso kurzweiliger wie umfassender Weise auseinander. Das Verhältnis beginnt als innige Affäre, ausgelöst durch eine sturmfreie Bude für das Wissenschaftspärchen, für die die Passivität des damaligen Gesetzgebers verantwortlich war, und endet nach Beziehungskrisen und anderweitigen Flirts im Nebeneinander unter einem Dach mit spärlicher Kommunikation in liebloser Koexistenz. Zur künftigen Gestaltung des Verhältnisses greift Zwanzger auf die Methoden der Paartherapie zurück, ohne dass deren Ergebnis hier verraten sein soll.

Michelle Cottier, Universität Genf, untersucht die Beiträge der Rechtssoziologie zur Erweiterung des Erkenntnishorizonts der Zivilrechtswissenschaft. Sie greift drei zentrale Forschungsfragen der Rechtssoziologie auf, nämlich wie Recht entsteht, wie Recht wirkt und wie Recht weiß, um danach die Anforderungen an die Zivilrechtswissenschaft darzustellen, damit diese die von der Rechtssoziologie zur Verfügung gestellten analytischen und methodischen Werkzeuge auch gewinnbringend nutzen kann.

Saskia Lettmaier, Universität Kiel, erörtert unter der Überschrift "Freiheit und Bindung in der Ehe" die Reichweite der Ehevertragsfreiheit im Hinblick auf vermögensrechtliche Scheidungsfolgen bezogen auf Vereinbarungen vor oder während der Ehe bei deren beabsichtigter Fortsetzung. Einer kritischen Darstellung der Rechtsprechung des BGH folgen eigene konkrete Vorschläge zu einer Neujustierung des gerichtlichen Kontrollsystems.

Michael Grünberger, Universität Bayreuth, bezieht sein Thema "Bürgerliches Recht und Gleichheit" auf das am 18.8.2006 in Kraft getretene Gleichbehandlungsgesetz, das die Vertragsfreiheit in vielen Bereichen wesensverändert habe. Näher eingegangen wird im Folgenden auf zwei (von mehreren) Begründungsansätzen für ein Nichtdiskriminierungsrecht. Grünberger plädiert entschieden für eine gleichheitsrechtliche Konzeption, nur damit halte das Recht sein Versprechen gleicher Freiheit.

Stefan Rixen, Universität Bayreuth, untersucht unter dem Titel "Verfassung der Pluralität" drei Grundfragen des Bürgerlichen Rechts aus verfassungsrechtlicher Perspektive, nämlich, was eine Ehe ist, wer die Kinder betreut und wer die Eltern erzieht. In diesem Rahmen werden die Zulässigkeit der gleichgeschlechtlichen Ehe oder einer Ehe, die aus mehr als zwei volljährigen Personen besteht, die grundrechtlichen Koordinaten der Familien- und Gleichstellungpolitik und schließlich die Debatte der schulischen Sexualerziehung aufgegriffen und erörtert.

Christine Budzikiewicz, Universität Marburg, stellt unter dem Titel "Bürgerliches Recht und Familienrecht" die Frage, ob auch einzelne aus der Ehe erwachsende persönliche Pflichten, wie die Treuepflicht, als Schuldverhältnis eingeordnet werden können und setzt sich ausführlich mit den hierzu vertretenen Meinungen auseinander. Budzikiewicz bejaht diese Frage, beschränkt die bei Fehlen einer abweichenden Vereinbarung zur Treuepflicht angenommene Haftung allerdings auf das "Abwicklungsinteresse". Zugegebenermaßen erblasst der Praktiker beim Gedanken an solche Verfahren, den erforderlichen Sachvortrag und die Beweisaufnahme zur abweichenden Vereinbarung.

Ansgar Ohly und Andreas Sattler, beide LMU München, beleuchten in ihrem Beitrag "Bürgerliches Recht und geistiges Eigentum" die Berührungspunkte zwischen geistigem Eigentum und Sachenrecht. Nach Hinweisen zur gesteigerten Bedeutung des Vertragsrechts für das Immaterialgüterrecht (from status to contract) werden die Ansprüche zur Durchsetzung der Schutzrechte zum Sanktionensystem des BGB in Beziehung gesetzt (Trolle und Störer). Im Ergebnis...

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