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Die Überlassung von sog. Genossenschaftswohnungen an verheiratete Personen ist nicht unüblich. Probleme treten für die Genossenschaft jedoch auf, wenn diese sich trennen und die Wohnung im Besitz eines Ehepartners bleiben soll, der die Mitgliedschaft in der Genossenschaft nicht besitzt.

I. Überblick

Genossenschaften sind nach § 1 Abs. 1 S. 1 GenG Gesellschaften mit einer offenen Mitgliederstruktur. Regelmäßig liegt der Zweck von Wohnungsgenossenschaften vorrangig in der Förderung ihrer Mitglieder durch eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung.[1] Das Rechtsverhältnis zwischen der Genossenschaft und ihren Mitgliedern wird nach § 18 GenG durch die Regelungen der Satzung, die von den gesetzlichen Vorgaben nur insoweit abweichen darf, als dass dies ausdrücklich zugelassen ist, bestimmt. Damit ist eine verbandsrechtliche Grundlage der Beziehungen festgelegt. Daran haben sich die Beurteilungen der Rechtsbeziehungen der beteiligten Personen bei der Überlassung von Wohnraum zu orientieren.

[1] Vgl. Lützenkirchen, WuM 1994, 5.

II. Die vertraglichen Regelungen zur Wohnraumüberlassung

Die Überlassung von Wohnraum im Rahmen der Mitgliedschaft in einer Genossenschaft oder durch die Genossenschaft gegenüber Nichtmitgliedern ist gesetzlich nicht geregelt. Weder im BGB noch im GenG finden sich entsprechende Aussagen.

Grundvoraussetzung für den Abschluss einer Vereinbarung über die Überlassung von Wohnraum ist nach dem Satzungszweck der Wohnungsgenossenschaft, dass der zukünftige Nutzer der Wohnung Mitglied der Genossenschaft ist. Ausnahmen sind, wie die weiteren Ausführungen zeigen, denkbar. Daraus ergeben sich zahlreiche Probleme.

Der Nutzer einer Genossenschaftswohnung schließt wegen der vorausgesetzten Mitgliedschaft nicht zwingend einen Mietvertrag mit der Genossenschaft ab. Sein Anspruch auf Nutzungsüberlassung kann sich ausschließlich aus dem verbandrechtlichen Verhältnis ergeben. Ob dies der Fall ist, hängt von der Ausgestaltung der Satzung und der darin begründeten unmittelbaren Ansprüche der Genossen ab. Durch die Mitgliedschaft wird ihm vorbehaltlich der satzungsrechtlichen Vorgaben ermöglicht, eine solche Nutzung einer Wohnung vorzunehmen.[2] Ist eine solche Konstellation gegeben, bedarf es für die Überlassung dieser Wohnung keines gesonderten Nutzungsvertrages.[3] Es gelten für das Rechtsverhältnis über den Besitz und die Nutzung der Räume kein Mietrecht, sondern ausschließlich das GenG und die Vereinbarungen in der Satzung sowie diese möglicherweise ausfüllenden Beschlüsse der Hauptversammlungen.[4] Diese Variante wird in der Rechtspraxis selten anzutreffen sein.

Häufiger wird eine Gestaltung vorgenommen, dass zwar eine Mitgliedschaft in der Genossenschaft für die Überlassung einer Wohnung erforderlich ist, aber zudem ein schuldrechtlicher Dauernutzungsvertrag über die Nutzung abgeschlossen werden muss. In diesem sind die einzelnen Modalitäten der Nutzung, des Gebrauchs und vor allem das Entgelt für die Überlassung geregelt. Auf die Dauernutzungsverhältnisse zwischen der Wohnungsbaugenossenschaft und ihren Mitgliedern soll dann weitgehend das Mietrecht der §§ 535 ff. BGB anzuwenden sein.[5] Getragen wird dies erkennbar von dem Gedanken, dass die rechtliche Grundlage des Nutzungsverhältnisses nicht dazu führen dürfe, dass der Schutz des sozialen Mietrechts dem Nutzer verloren ginge.[6]

Die Eingliederung des Nutzers in das genossenschaftsrechtlich geprägte Mitgliedschaftsverhältnis kann und darf dabei jedoch nicht unbeachtet bleiben.[7] Diese Einschätzung wiederum hat zur Folge, dass nicht ausschließlich mietrechtliche Normen das Vertrags- und Nutzungsverhältnis ausgestalten können. Die verbandsrechtlichen Vorgaben müssen bei der Beurteilung berücksichtigt werden.

Das Nutzungsverhältnis, welches dann nicht nur durch das Mietrecht, sondern aufgrund der verbandsrechtlichen Treuepflicht auch durch das Genossenschaftsrecht geprägt wird, hat zur Konsequenz, dass während der Dauer der Genossenschaftsbeteiligung der Überlassungsvertrag nicht ohne weiter hinzutretende Umstände kündbar ist.[8] Da es sich um ein mietvertraglich geprägtes Rechtsverhältnis handelt, führt die Beendigung der Mitgliedschaft in der Genossenschaft auch nicht zwangsläufig zu seiner Beendigung. Es bedarf einer gesonderten Auflösung.[9] Dafür müssen die erforderlichen Gründe vorliegen. Allein die Beendigung der Mitgliedschaft in der Genossenschaft reicht nach allgemeiner Auffassung der Rechtsprechung dafür jedoch nicht aus. Dem steht § 572 Abs. 2 BGB entgegen.[10] Durch eine Kündigung kann es nur beendet werden, wenn die dafür mietrechtlich notwendigen Gründe vorliegen.

In der Praxis wurden und werden auch oftmals Wohnungen durch Genossenschaften nicht nur aufgrund der verbandsrechtlichen Vorgaben, sondern durch Abschluss eines Mietvertrages auch dritten Personen zur entgeltlichen Nutzung überlassen. Ob die Satzung eine solche Vorgehensweise gänzlich oder zum Teil zulässt, mag dahin stehen. Immer muss eine Beurteilung im Einzelfall erfolgen. In diesem gelten nur die Regelungen der §§ 535 ff. BGB. Der Ver...

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