In der Verfassungs- und der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind ähnliche Erwägungen angestellt worden wie in der Zivilgerichtsbarkeit. Das Bundesverfassungsgericht[62] hat zu der Fallgestaltung, "dass der (versorgungs-)ausgleichspflichtige Ehegatte trotz der gekürzten Rente zu Unterhaltsleistungen noch verpflichtet [ … ] ist", schon im Jahr 1980 angemerkt, der Versorgungsausgleich lasse sich "bei Entstehen derartiger Versorgungslücken in seinen Auswirkungen nicht mehr mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums rechtfertigen." Das Bundesverwaltungsgericht[63] hat diese Ausführungen dahin interpretiert, dass sich bezüglich des Versorgungsausgleichs verfassungsrechtliche Bedenken insoweit ergeben, "als der ausgleichspflichtige Versorgungsempfänger ungeachtet der Kürzung seiner Versorgungsbezüge zugunsten des Ausgleichsberechtigten diesem zusätzlich noch zum Unterhalt verpflichtet ist". Es könne dann eine unzumutbare "Versorgungslücke" entstehen.

Das OVG Saarlouis[64] hat jüngst derartige Überlegungen allerdings nicht angestellt. Es hat dem Kläger Versorgungskürzungen aufgrund Versorgungsausgleichs in Höhe von 25.651,08 EUR brutto für just denselben Zeitraum auferlegt, für den der Kläger der Berechtigten noch Unterhaltsleistungen in Höhe von 18.682,65 EUR aufgrund eines dem Gericht vorgelegten rechtskräftigen und nicht mehr abänderbaren Urteils des OLG Köln erbringen musste. Rechtliche oder gar verfassungsrechtliche Erwägungen zu dieser wahrlich nicht unerheblichen "Versorgungslücke" hat das OVG ebenso wenig angestellt wie Betrachtungen zur Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinem Beamten. Das Gericht hat aber die Revision nicht zugelassen.

Vor allem das Urteil des OVG Saarlouis zeigt, dass es selbst bei der materiell-rechtlichen Betrachtung des Verhältnisses zwischen nachehelichem Unterhalt und Versorgungsausgleich noch Unsicherheiten und Überraschungen gibt. Hinzu kommt der benannte unbefriedigende verfahrensrechtliche Befund. Danach erscheint eine gesetzliche Regelung des Verhältnisses zwischen nachehelichem Unterhaltsanspruch und Rente aus Versorgungsausgleich auch nach fast 35 Jahren Rechtspraxis nach wie vor geboten.

[62] BVerfGE 53, 257, 304 = FamRZ 1980, 326, 335 = NJW 1980, 692, 696.
[63] BVerwG DÖV 1994, 958, 959 (Hervorhebung im Urteil) = NJW-RR 1994, 1218, unter Bezugnahme auf BVerwG DÖV 1994, 699, 700 = NJW-RR 1994, 1219.
[64] OVG Saarlouis, Urt. v. 27.7.2010 – 1 A 113/10 –; dazu Franz, FamFR 2010, 559 und VR 2011, 160 f.

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