Nicht selten wird der Sachverständige bereits bei der telefonischen Kontaktaufnahme beschimpft oder aufgrund seiner im Internet kritisierten Fachkompetenz herabgewürdigt. Es wird bereits angekündigt, sollte das Gutachten nicht zu einem entsprechenden Ergebnis kommen, dass bereits Gegengutachter engagiert seien.

Beleidigung des Sachverständigen findet am ehesten im Einzelgespräch statt, wenn also keine Zeugen zugegen sind.

Wird ein Sachverständiger von einem Beteiligten bei der Begutachtung beleidigt, kann der Sachverständige dies dem Gericht mitteilen, was oftmals wenig Konsequenzen hat, wenn der Richter es dem Sachverständigen überlässt, dieses Verhalten im Rahmen seiner Begutachtung zu bewerten. Im extremen Falle könnte sich der Sachverständige mit einer zivilrechtlichen Klage auf Widerruf, Unterlassung, Strafanzeige oder mithilfe des Gewaltschutzgesetzes zur Wehr setzen.[19] Inwieweit der Sachverständige sich tatsächlich mit diesen Maßnahmen wehren kann, ist jedoch ungeklärt. Er wäre dann zur Offenbarung gezwungen, dass er im konkreten Fall eine Begutachtung durchgeführt hat, eine Aussage, die bereits der Schweigepflicht unterliegt. Die mit einer Anzeige verbundene Verletzung der Schweigepflicht eröffnet dann wiederum ein Tor für weitere Angriffe gegenüber dem Sachverständigen.

Der Sachverständige kann auch nicht die Begutachtung abbrechen. Diese Entscheidung, genauso, ob Besorgnis der Befangenheit beim Sachverständigen vorliegt, obliegt dem Gericht. Zudem wird vom Sachverständigen erwartet, dass er mit querulatorischen Persönlichkeiten angemessen umgehen kann.

Der Sachverständige hat zudem immer zu bedenken, dass eine Mitteilung gegenüber dem Gericht oder gar eine Anzeige oder Beschwerde gegenüber einem von der Begutachtung Betroffenen in einem laufenden Verfahren den familiären Konflikt verschärft. Daher wird ein solches Verhalten oftmals als überzogene Reaktion des Sachverständigen gewertet. Der Sachverständige wird daher fast immer von einem solchen Vorgehen Abstand nehmen.

[19] Erfreulich sind die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zur Klarstellung verfassungsrechtlicher Maßgaben für strafrechtliche Verurteilungen wegen ehrbeeinträchtigender Äußerungen, Beschlüsse vom 19.5.2020 – 1 BvR 2459/19, 1 BvR 2397/19, 1 BvR 1094/19 und 1 BvR 362/18.

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