1. Drei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Streitigkeit unter (ehemaligen) Eheleuten als – die Zuständigkeit des Familiengerichts begründende – sonstige Familiensache i.S.d. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG eingestuft werden kann: Die geltend gemachten Ansprüche

müssen im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe stehen;
dürfen nicht eine der in dem Ausnahmekatalog des § 266 Abs. 1 Hs. 2 FamFG genannten Spezialmaterien betreffen (arbeitsrechtliche Streitigkeiten, Sachgebiete des § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 lit. a bis k ZPO, Wohnungseigentums- und Erbrechtsstreitigkeiten) und
dürfen nicht bereits nach anderen Vorschriften des FamFG Familiensachen sein (z.B. Güterrechtssachen).

Im vorliegenden Fall waren alle drei Voraussetzungen fraglos erfüllt. Dass es sich nicht um ein Bank- oder Finanzgeschäft i.S.d. § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 lit. b ZPO handelt, wenn ein Ehegatte vom anderen Mitwirkung an der Rückforderung eines gemeinsam gewährten Darlehens, ausgereicht an ein im wirtschaftlichen Eigentum des Letzteren stehendes Unternehmen, begehrt, und auch nicht um eine Handelssache i.S.d. § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 lit. f ZPO, hält der BGH zu Recht keiner näheren Begründung bedürftig. Auch der vom Gesetz geforderte Zusammenhang des geltend gemachten Anspruchs mit Trennung oder Scheidung der Ehegatten war ohne Zweifel gegeben. Er ergab sich daraus, dass Anlass für die Streitigkeit das Scheitern der Ehe der Beteiligten war und nun eine Entflechtung ihres Vermögens in Bezug auf das gemeinsam gewährte Darlehen erforderlich wurde.

2. Zu der Frage, wann von einem Zusammenhang geltend gemachter Ansprüche mit Trennung oder Scheidung auszugehen ist, hat der BGH in früheren Entscheidungen nach und nach Kriterien entwickelt. Deren aktuellen Stand stellt er in seinem jetzigen Beschluss dar (siehe Rn 11).

Schon immer war klar, dass ein inhaltlicher bzw. sachlicher Zusammenhang bestehen muss, der dann anzunehmen ist, wenn das Verfahren – in einem weit verstandenen Sinne – vor allem der Entflechtung des Vermögens als Folge von Trennung oder Scheidung dient. Streitig war, ob daneben auch ein zeitlicher Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung zu verlangen ist. Die Frage wurde von der weit überwiegenden Zahl der Oberlandesgerichte und der h.M. in der Literatur verneint.[1] Der für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des BGH hat sie mehrfach, zuletzt in einer Entscheidung vom 12.7.2017,[2] ausdrücklich offen gelassen. In dieser Frage Position bezogen hat erstmals der für Zwangsvollstreckungssachen zuständige IX. Zivilsenat des BGH in einer Entscheidung vom 29.6.2017.[3] Sein Standpunkt lautet im Wesentlichen: Im Rahmen einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts ist auch der zeitliche Ablauf zu berücksichtigen. Eine feste zeitliche Grenze, ab der in Verfahren der fraglichen Art ein Zusammenhang der Ansprüche mit Trennung oder Scheidung generell verneint werden könnte, gibt es nicht. Insbesondere verlangt § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG keinen engen zeitlichen Zusammenhang. Diese Position hat der XII. Zivilsenat nun offenbar übernommen. Denn erstmals in einem Beschluss des Senats vom 28.2.2018[4] findet sich unter Bezugnahme auf die vorgenannte Entscheidung des IX. Zivilsenats – leider ohne weitere Erläuterung – die Formulierung, es sei "auch der zeitliche Ablauf zu berücksichtigen". Diese Formulierung gehört nun zur Kriterienauflistung des BGH. Sie ist auch in der jetzigen Entscheidung enthalten (siehe Rn 11).

Was aber heißt das nun in Bezug auf die Streitfrage, ob es eines zeitlichen Zusammenhangs mit Trennung oder Scheidung bedarf oder nicht? Die Formulierung "der zeitliche Ablauf ist zu berücksichtigen" bedeutet nicht dasselbe wie: "ein zeitlicher Zusammenhang ist erforderlich". Man wird den BGH wohl so verstehen können: Er verlangt keinen zeitlichen Zusammenhang im Sinne einer festen zeitlichen Grenze. Er verlangt insbesondere auch keine zeitliche Nähe zu Trennung oder Scheidung. Aber er möchte im Rahmen einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts auch den zeitlichen Ablauf berücksichtigt wissen. Schaut man sich die bisher entschiedenen beiden Fälle an, wird man sagen können, dass ein größerer zeitlicher Abstand zu Trennung oder Scheidung bei bestehendem inhaltlichen Zusammenhang (Entflechtung des Vermögens) kaum Bedeutung hat.[5]

In dem vom IX. Zivilsenat entschiedenen Fall hat das Gericht die Einordnung der Streitigkeit als sonstige Familiensache i.S.d. § 266 Abs. 1 Nr. 3 BGB nicht daran scheitern lassen, dass 12 Jahre (!) zwischen Scheidung und Verfahrenseinleitung vergangen waren, und zwar im Hinblick auf die einen inhaltlichen Zusammenhang ausweisenden Umstände: Das verfahrensgegenständliche Drittwiderspruchsverfahren richtete sich gegen die Teilungsversteigerung der früheren Ehewohnung, jahrelang war eine außergerichtliche Einigung gesucht worden, noch 2 bzw. 5 Jahre zuvor waren weitere familiengerichtliche Verfahren anhängig gemacht worden. Im jetzt vom XII. Zivilsenat entschiedenen Fall war das Verfahren 12 Jahre n...

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