Neu und von grundsätzlicher Bedeutung sind die Ausführungen des BGH zum Umgangsbestimmungsrecht, deren Kernaussage im zweiten Leitsatz der Entscheidung enthalten ist.[1] Sowohl dieser Leitsatz als auch die Entscheidungsgründe gehen über den entschiedenen Sachverhalt hinaus, da sie sich nicht auf die Bestimmung des Umgangs beider Eltern mit ihrem Kind, das nach Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts fremduntergebracht ist, beschränken, sondern auch mit der Bestimmung des Umgangs bei Trennung der Eltern befassen. Für letzteren Fall war nach der seit 2009 bestehenden gesetzlichen Regelung der Umgangspflegschaft nach § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB in der Rechtsprechung und Literatur ein Streit darüber entstanden, ob neben oder anstelle einer solchen Maßnahme noch Raum für eine Ergänzungspflegschaft nach § 1909 BGB (die nach der früheren Rechtslage die Grundlage für die Umgangspflegschaft gewesen war) mit dem Wirkungskreis der Bestimmung des Umgangsrechts ist.[2]

Im entschiedenen Fall war den Eltern nach vorangegangener Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für ihre beiden Kinder und anschließender Unterbringung in einem Kinderheim nach §§ 1666, 1666a BGB zusätzlich das Recht zur Antragstellung und Mitwirkung an der Hilfeplanung sowie das Recht der Gesundheitssorge entzogen und der Ergänzungspflegerin übertragen worden. In der Beschwerdeinstanz, in der das Rechtsmittel der Eltern, mit dem sie die Aufhebung sämtlicher ihr Sorgerecht betreffender Maßnahmen verfolgten, erfolglos blieb, entzog das OLG den Eltern nach Anhörung der Beteiligten und vorherigem Hinweis zusätzlich das Umgangsbestimmungsrecht. Der BGH hat die Beschwerdeentscheidung insgesamt bestätigt. Dabei wird klargestellt, dass das Recht der Eltern, den Umgang ihres Kindes zu bestimmen, Bestandteil der elterlichen Sorge ist. Dies komme bereits darin zum Ausdruck, dass die Bestimmung des Umgangs des Kindes mit Dritten in § 1632 Abs. 2 BGB als Teil der Personensorge bezeichnet werde. Auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Gesetz gelte dies auch für den Umgang der Eltern mit dem Kind. So stehe das Recht der Umgangsbestimmung bei einem alleinigen Sorgerecht eines Elternteils diesem allein zu, während bei gemeinsamer Sorge nur beide Eltern zusammen das Bestimmungsrecht ausüben könnten und bei einem Dissens die Entscheidung über die Umgangsbestimmung nach § 1628 BGB einem Elternteil allein übertragen werden könne. Aufgrund der hiermit für den anderen Elternteil verbundenen teilweisen Entziehung der elterlichen Sorge sei wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei Eingriffen in das grundgesetzlich geschützte Elternrecht zunächst auf mildere Mittel zurückzugreifen, die das Gesetz in § 1684 BGB mit der gerichtlichen Regelung des Umgangs bis hin zu der Anordnung einer Umgangspflegschaft vorsehe.

Dem ist zuzustimmen. Zwar stellt auch die Anordnung einer Umgangspflegschaft einen Eingriff in das Elternrecht des betreuenden Elternteils dar, da sie den Umgangspfleger berechtigt, das Kind zur Durchführung des Umgangs vom betreuenden Elternteil herauszuverlangen und dessen Aufenthalt während des Umgangs zu bestimmen. Dies beeinträchtigt das Elternrecht jedoch nicht nur wegen der vom Gesetz vorgesehenen zeitlichen Befristung (§ 1684 Abs. 3 S. 5 BGB) einer solchen Maßnahme in deutlich geringerem Maße als eine Entziehung des Umgangsbestimmungsrechts als Teil der elterlichen Sorge, sondern vor allem wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen und Wirkungen. Während die Entziehung des Umgangsbestimmungsrechts immer eine Kindeswohlgefährdung voraussetzt, kann die Umgangspflegschaft nach der seit 2009 geltenden gesetzlichen Regelung unterhalb dieser Eingriffsschwelle angeordnet werden, nämlich bei dauerhafter oder wiederholter erheblicher Verletzung der Wohlverhaltenspflicht des betreuenden Elternteils nach § 1684 Abs. 3 S. 2 BGB. Dies wird damit begründet, dass die Umgangspflegschaft trotz der teilweisen Beeinträchtigung des Sorgerechts des betreuenden Elternteils das Elternrecht insgesamt nicht beschneide, da sie die Rechtspositionen der Eltern (ähnlich wie bei der Übertragung der teilweisen oder vollständigen Sorge auf einen Elternteil allein anlässlich der Scheidung nach § 1671 BGB) untereinander lediglich ausgleiche bzw. anderweitig verteile.[3] Dieses Argument rechtfertigt allein den Verzicht auf die Kindeswohlgefährdung als Eingriffsschwelle, ändert jedoch nichts daran, dass die Maßnahme mit einer – auf die Dauer der Umgangskontakte begrenzten – Entziehung von Teilen des Sorgerechts des betreuenden Elternteils verbunden ist.[4]

Im entschiedenen Fall, in welchem den Eltern trotz teilweiser Entziehung des Sorgerechts noch das Umgangsbestimmungsrecht verblieben war, bestand für den Ergänzungspfleger keine Möglichkeit, den Umgang der Eltern mit ihren im Heim untergebrachten Kindern zu regeln. Andererseits konnten die Eltern ihr Umgangsrecht mit dem Kind nicht ohne Einvernehmen des Ergänzungspflegers durchsetzen, da dieser kraft des ihm übertragenen Aufenthaltsbestimmun...

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